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Wir haben bei erneuerbarer Energie viel zu gewinnen

Von Martina Prechtl-Grundnig

Gastkommentare
Martina Prechtl-Grundnig ist Diplomingenieurin und Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ).
© privat

Jedes Kraftwerk, das heute nicht gebaut wird, fehlt uns morgen.


Noch haben wir diesen Winter nicht überstanden, schon kommen schlechte Neuigkeiten für den nächsten: Internationale Energieagentur und EU-Kommission warnen, dass die Versorgungslage mit Erdgas in der nächsten Heizperiode noch schwieriger werden könnte. Da ist es gut, dass wir in Österreich unsere Hausaufgaben machen. Als Umweltmusterland. Tun wir doch, oder? Die Antwort lautet leider: Nein. Denn während wir in diesen Wintertagen auf Hochtouren Gas verbrennen, um Strom zu erzeugen, steht in Tirol und Vorarlberg weiterhin kein einziges Windrad. Andernorts wird - mit Unterstützung etablierter Parteien! - gegen Photovoltaik-Anlagen abseits von Dächern Stimmung gemacht. Die burgenländische Landesregierung erklärt mitten in einer fossil ausgelösten Energiekrise an, Solaranlagen und Windräder mit einer zusätzlichen Steuer belegen zu wollen.

Aber auch auf Bundesebene geht vieles zu langsam. Dringend bräuchte es die Gesetzesnovelle zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Schon lange warten wir auf das Erneuerbaren-Wärmegesetz, das den Ausstieg aus der Öl- und Gasheizung beschleunigen sollte. Und fertig geplante, finanzierte Energieprojekte werden in Genehmigungsverfahren auf die lange Bank geschoben, weil es dabei unnötige Hürden gibt, Behörden überlastet sind oder Öko-Energie nicht Priorität hat.

Jedes Kraftwerk, das heute nicht gebaut wird, fehlt uns morgen. Wir brauchen bis 2030 mindestens zusätzlich 27.000 Gigawattstunden aus Sonne, Wind, Wasser, Geothermie und Biogenen. Bis 2040 will Österreich überhaupt klimaneutral sein. Das ist eine riesige Herausforderung, selbst dann, wenn alle am selben Strang ziehen: Bund, Länder und Gemeinden.

Es ist umso unverständlicher, wie wenig weitergeht, wenn man bedenkt, wie viel wir zu gewinnen haben. Unser bergiges, wald- und wasserreiches Österreich könnte sich mit der Vielfalt an erneuerbaren Energieträgern (Wasserkraft, Biomasse, Wind, Photovoltaik) sicher und leistbar selbst versorgen. Die Technologien dafür sind vorhanden und reif. Die Expertise für Bau und Betrieb liefern hunderte österreichische Unternehmen. Sie alle würden gerne an Österreichs klimaneutraler Zukunft mitarbeiten. Wir müssen sie nur lassen: mit entrümpelten Genehmigungsverfahren, einer Flächenausweisung, die Kraftwerke tatsächlich ermöglicht, Investitionssicherheit. Nein, wir müssen nicht von milliardenschweren Öl- und Gasimporten abhängig sein, sondern könnten eine klimaschonende Energieversorgung mit einem viel höheren Anteil an regionaler Wertschöpfung sicherstellen. Wir müssen auch nicht auf neue Technologien warten. Es ist alles vorhanden!

Eine solche Zukunft zeigt etwa Bruck an der Leitha vor, wo eine innovative Photovoltaik-Anlage so errichtet ist, dass auf dem Feld weiterhin Landwirtschaft betrieben werden kann. Oder Friesach, wo Biomasse und Solarthermie gemeinsam Wärme für öffentliche Einrichtungen und 500 Haushalte liefern. Solche Projekte müssen nicht einsame Leuchttürme bleiben, sondern können die Träger unserer Energieversorgung sein. Wenn wir das wollen und alle gemeinsam dafür arbeiten: der Bund und die Bundesländer.