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Partnerschaft mit Russland?

Von Otmar Lahodynsky

Gastkommentare
Otmar Lahodynsky ist Ehrenpräsident der Association of European Journalists (AEJ), die er von 2014 bis 2021 leitete. Er war Redakteur beim Nachrichtenmagazin "profil".
© privat

Österreich pflegt trotz Putins Krieg weiter seine wirtschaftlichen Beziehungen.


Zum ersten Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zeigte sich ein hoher Diplomat im ukrainischen Außenministerium tief enttäuscht von Österreich: "Wieso stellt sich die Regierung in Wien in die gleiche Ecke wie Viktor Orbán, indem keine Waffen in die Ukraine geschickt und keine Soldaten ausgebildet werden?" Dass viele heimische Unternehmen weiterhin gute Geschäfte mit Russland machen - allen voran Raiffeisen -, sei unverständlich. Auf Kritik in Kiew und in der EU stößt die FPÖ, die immer lauter ein Abgehen von den EU-Sanktionen und eine Rückkehr zur alten Kungelei mit Kreml-Chef Wladimir Putin anstrebt. Sie hat mit seiner Partei vor einigen Jahren sogar einen Kooperationsvertrag geschlossen.

Im Energiebereich soll offenbar alles beim Alten bleiben: Während sich andere EU-Länder, allen voran Deutschland, alternative Anbieter für Erdgas gesichert und die Lieferverträge mit Gazprom gekündigt haben, blieb Österreich dem russischen Gaslieferanten weitgehend treu. Dabei wollte die Regierung bis 2027 von russischem Gas unabhängig werden. Doch Österreichs teilstaatlicher Energiekonzern OMV bezieht aus Russland wieder fast so viel Gas wie vor dem Überfall Putins auf die Ukraine. Wieso sind Bundeskanzler Karl Nehammer und mehrere Regierungskollegen im vorigen Jahr nach Katar und in andere Gasexportländer gereist?

Die Energieagentur berichtete, die OMV habe neue Konkurrenz aus Algerien, den Niederlanden oder rund ums Kaspische Meer stets wirksam bekämpft. Während andere EU-Länder Schiedsgerichte angerufen haben, um aus Verträgen mit Gazprom auszusteigen, will die OMV offenbar die 2018 sogar bis 2040 verlängerten Lieferverträge einhalten. Dabei hat Gazprom schon seit 1991 mehrfach durch Lieferkürzungen - oft mit fragwürdigen technischen Problemen begründet - die Verträge verletzt.

Obwohl Österreich seit der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim im Jahr 2014 alle zehn Sanktionspakete der EU gegen Russland mitgetragen hat, gibt es bei der Umsetzung offenbar genug Spielraum. Dass Österreichs Warenexporte nach Russland seit Putins Krieg gegen die Ukraine fortlaufen, sei mit den EU-Sanktionen voll vereinbar, erklärte Industriellen-Präsident Georg Knill in der ORF-"Pressestunde". Aber er plädierte für einen Ausstieg aus dem russischen Gas. Österreich habe sich mit Russland verkalkuliert und sei getäuscht worden.

Die Selbsttäuschung zur Sicherheitspolitik ist aber hausgemacht. Eine von Experten geforderte Debatte über Österreichs Neutralität wurde vom Bundeskanzler sofort abgewürgt. Dabei ist in der geltenden, zehn Jahre alten Sicherheitsdoktrin sogar noch von einer "strategischen Partnerschaft" mit Russland die Rede. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zeigte sich in diesem Bereich nicht sattelfest. Die EU-interne Beistandspflicht sei "eine Bringschuld, die man beim EU-Beitritt nicht ausreichend erklärt hat", erklärte sie der "Kleinen Zeitung". Doch diese Beistandspflicht wurde nicht 1995, sondern erst 2004 mit Zustimmung Österreichs beschlossen. Laut EU-Vertrag bleibt von der Klausel "der besondere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt".