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Smaller World

Von Harald Oberhofer

Gastkommentare
Harald Oberhofer ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien und forscht am Wifo.
© Roman Reiter / WU

Klimaschädliche Emissionen verursachen globale negative Externalitäten.


"Small is beautiful" lautete das Credo des österreichischen Staatswissenschaftlers und Juristen Leopold Kohr. Er gilt als Vordenker der Umweltbewegung, in unmittelbarer Nähe zur geplanten Wiener Stadtstraße im 22. Wiener Gemeindebezirk ist eine Straße nach ihm benannt. Konzeptionell vertrat er eine Position für kleingliedrige und gegen größere Staatsstrukturen, unter anderem war er auch gegen die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Nun mögen - wie die ökonomische Theorie des Fiskalförderalismus ebenfalls darlegt - dezentral organisierte Entscheidungsstrukturen in vielerlei Hinsicht eine Politik befördern, die sich besser an den jeweiligen Präferenzen der betroffenen Bürgerinnen und Bürgern orientieren kann.

Für die Umsetzung klimapolitischer Maßnahmen erweist sich dieser Ansatz aber untauglich. Klimaschädliche Emissionen wie etwa CO2 verursachen globale negative Externalitäten. Unabhängig davon, wo diese Schadstoffe freigesetzt werden, verursachen sie dieselben weltweiten klimatischen Veränderungen. In einer dezentral-autark organisierten Gesellschaft verursacht dies Anreize, zum Klimaschutz nicht beizutragen. Vermindern beispielsweise alle anderen Länder der Welt ihren CO2-Ausstoß, während ein einziges Land dies nicht tut, erspart dieses sich die dafür notwendigen Kosten und kann sogar einen wirtschaftlichen Wettbewerbsvorteil davontragen. Wenn die Politik in allen Ländern so handelt, wird niemand in Klimaschutz investieren, obwohl langfristig der weltweite Nutzen einer Reduktion der CO2-Emissionen die zu erwartenden Kosten des Nichthandelns übersteigen wird.

Eine globale Koordination und gegenseitige Verpflichtung zur aktiven Klimapolitik ist somit Grundvoraussetzung für deren erfolgreiche Umsetzung. In einer infolge des russischen Angriffs auf die Ukraie polarisierten Welt wird ein solches Unterfangen zunehmend schwieriger. Präsident Xi Jinpings Vorwurf der "Unterdrückung Chinas durch den Westen" am Rande der Jahrestagung des Volkskongresses gibt einen Vorgeschmack auf die zu erwartende mangelnde chinesische Kooperationsbereitschaft in globalen Fragen.

Umso wichtiger wäre es, die Zusammenarbeit der kleiner werdenden Welt der klimapolitisch willigen Volkswirtschaften zu stärken und unterschiedliche wirtschaftspolitische Instrumente sowie Anreize für eine aktive Klimapolitik zu nützen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa kann laut dem aktuellen Jahresgutachten zur Lage der österreichischen Außenwirtschaft des "Forschungsschwerpunkts Internationale Wirtschaft" beispielsweise nur dann gelingen, wenn die notwendigen Rohstoffe und Vorleistungen ausreichend zur Verfügung stehen. Handelsabkommen können dazu beitragen und gleichzeitig geopolitische Abhängigkeiten reduzieren. Zusätzlich wird eine verstärkte Wirtschaftszusammenarbeit mit den Entwicklungsländern notwendig sein, um den Technologietransfer klimaschonender Produktionsformen in diese zu forcieren.

Die Europäische Union könnte hier ein Vorreiter sein. Dazu müsste sie sich aber vom altbekannten Spiel, gute Nachrichten auf Mitgliedstaaten und schlechte Nachrichten auf Brüssel zu schieben, verabschieden.

So eine Wirtschaft: Die Wirtschaftskolumne der "Wiener Zeitung". Vier Expertinnen und Experten schreiben jeden Freitag über das Abenteuer Wirtschaft.