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Angriffe auf den Journalismus

Von Fritz Hausjell

Gastkommentare
Fritz Hausjell lehrt Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien

Nach publizistischen Attacken gegen Aufdeckungsjournalisten will nun das Justizministerium die gesetzlichen Grundlagen unerträglich schwächen.


Es war schon ziemlich übel, was sich der Verleger des Medienbranchenblattes "Horizont", Hans-Jörgen Manstein, vergangene Woche im Editorial seines Blattes geleistet hatte, als er den investigativen Journalismus als "Amtsmissbrauch-Journaille" attackierte. Und vier der renommierten Aufdeckerjournalisten - Florian Klenk ("Falter), Michael Nikbakhsh ("profil"), Ashwien Sankholkar ("Format") und Kurt Kuch ("News") - als "eine Gefahr für die Zukunft des Journalismus" bezeichnete. Die heftige Debatte dazu läuft noch (unter anderem im "Club 2" des ORF). Mansteins derbe Kritik, so sachlich falsch sie auch ist, war bloß ein Meinungsbeitrag. Doch was nun auf gesetzlicher Ebene droht, sollte nicht nur im Journalismus heftigen Widerstand hervorrufen.

Die Berufsvertretung der Rechtsanwälte hat mit Recht zu scharfen Worten gegriffen. Ende Jänner versandte das Ministerium einen Entwurf zur Änderung der Strafprozessordnung (StPO). Die Anwaltskammer nahm zustimmend Stellung, da die Novelle geringfügig und begründet sei. Nun hat das Justizministerium aber einen völlig abgeänderten Entwurf zum § 112 der StPO am 28. Februar im Ministerrat beschließen lassen, vermutlich auf Basis einer Täuschung des Ministerrats, dass dieser Entwurf positiv begutachtet sei. Der Entwurf soll nun am 13. März im Justizausschuss des Parlaments behandelt werden.

Es geht um das Recht auf Verschwiegenheit von Berufsgruppen, die Geheimnisträger sind, zum Beispiel Ärzte, Anwälte, Notare, Steuerberater - und Journalisten. Der neu gefasste § 112 sieht vor, dass nur noch nicht beschuldigte Betroffene Beschlagnahmungen widersprechen können. Wird ein Geheimnisträger selbst beschuldigt, so soll dieser künftig der Verwendung von beschlagnahmten Unterlagen in einem Gerichtsverfahren nicht mehr widersprechen können. Wurden bisher bei Geheimnisträgern Materialien bei Hausdurchsuchungen sichergestellt, kamen diese versiegelt zum Oberlandesgericht, das darüber entschied, ob und welche Dokumente verschwiegen blieben und zurückgegeben wurden und welche beschlagnahmt wurden. Künftig soll kein unabhängiger Richter, sondern der weisungsgebundene Staatsanwalt entscheiden.

Der Präsident des Rechtsanwaltskammertages, Rupert Wolff, kritisiert den Vorgang und den veränderten Entwurf heftig: "Im Rahmen eines ordentlichen Begutachtungsverfahrens wären diese Pläne von allen Experten in der Luft zerrissen worden." Und: "Es handelt sich dabei um die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, unter denen Redaktionsgeheimnis, anwaltliche Verschwiegenheit und eine Reihe weiterer gesetzlich geregelter Verschwiegenheitspflichten und -rechte problemlos von der Staatsanwaltschaft ausgehebelt werden können."

Gegen die massive Gefährdung des investigativen Journalismus durch diesen Gesetzesentwurf werden Journalisten und Medien wohl noch deutlich protestieren. Und im Parlament werden hoffentlich genügend Abgeordnete gegen diesen Taschenspielertrick des Ministeriums die Stimme erheben.