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Österreich 3.0: Ein Software-Update für unser Land

Von Matthias Strolz

Gastkommentare
Matthias Strolz ist Klubobmann der Neos.

Wir alle spüren, dass das dominante Muster des rot-schwarzen Machtkartells im Sterben liegt. Das Alte stirbt, das Neue ist noch nicht ganz da.


Ein Politiker ist - im Idealfall - Geburtshelfer des Neuen. Ein Politiker sollte sich in seinem Selbstverständnis als Veränderungsagent verstehen, als Experte für die konstruktive Herbeiführung von Klärungen in Entscheidungs- und Konfliktsituationen. Ein Politiker sollte Landebahnen für die Zukunft bauen. Damit Letztere eben gut aufsetzen. Auf dass Erneuerung stattfinden kann und sich das Neue gut integriert.

Die jüngere Geschichte Österreichs allerdings stellt sich als Phase der Desintegration dar. SPÖ und ÖVP schaffen den darwinistischen Fit nicht mehr. Die Anpassungsleistung an den Wandel der Zeit und an die Dynamiken des Umfelds ist eine permanente Aufgabe, die von den beiden ehemaligen Volksparteien nicht mehr ausreichend wahrgenommen wurde und wird. Wohlstand, wirtschaftliche Stärke, sozialer Frieden - wir haben den ehemaligen Großen einiges zu verdanken. Aber wir alle spüren, dass dieses dominante Muster des rot-schwarzen Machtkartells im Sterben liegt. Das Alte stirbt, das Neue ist noch nicht ganz da. Doch wenn wir einst im Jahr 2030 die Geschichtsbücher aufschlagen, werden wir darin lesen: In Österreich hat sich in den letzten gut fünfzehn Jahren eine neue Machtmechanik entwickelt. Hier mein Streben und meine Hoffnung dazu: Österreich schafft eine Mentalitätsreform hin zu einer neuen Verantwortungskultur!

Wenn wir die Verantwortungskultur in unserem Land stärken wollen, kommt die Republik nicht umhin, ihre grundlegenden Prozesse zu hinterfragen und sich ein umfassendes Software-Update zu verpassen. Eine moderne, zeitgemäße Demokratie muss sich stets erneuern. Dabei wünsche ich mir mündige und mutige Bürgerinnen und Bürger, entschlossene und verantwortungsvolle politische Akteure sowie transparente Strukturen und Finanzierungen. Eine Richtlinienkompetenz für den Bundeskanzler wäre ein symbolischer Akt, um der Funktion des Regierungschefs mehr Leadership zuzugestehen bzw. abzuverlangen. Noch wichtiger wäre ein Persönlichkeitswahlrecht, um die Abgeordneten im Nationalrat vom Gängelband der Landesfürsten zu nehmen. Möglichkeiten der direkten Demokratie - von einer Aufwertung der Petitionen bis hin zur Stärkung von Volksbegehren - sind zu forcieren. Wir sollten die Landtage mit Steuerverantwortung ausstatten, um ihnen mehr Verantwortung und Rechenschaft abzuverlangen. Und wir sollten einen Superwahlsonntag etablieren - mit allen Landtagswahlen an einem Tag -, um die Sachorientierung in der Politik zu stärken und parteipolitisches Kalkül zurückzudrängen.

Die fetten Parteiapparate schließlich müssen wir abschlanken und die Parteienförderung - die mit Abstand höchste in Europa - kürzen. Insbesondere Bundesländer wie Wien und Oberösterreich schütten unverschämt hohe Summen an die Apparate aus. Im Gegenzug dazu soll die parlamentarische Arbeit gestärkt werden. Der Nationalrat muss in ein modernes Arbeitsparlament gewandelt werden. Dass der Untersuchungsausschuss nun ein Minderheitenrecht geworden ist, zeigt: Die Dinge sind im Fluss. Manches wird möglich, was bisher für unmöglich gehalten wurde. Ja, Politik kann auch anders sein, als wir sie derzeit erleben. Davon bin ich überzeugt.