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Dilettantenstadl

Von Kurt Bayer

Gastkommentare
Kurt Bayer ist Ökonom und war Board Director in Weltbank (Washington, D.C.) und EBRD (London) sowie Gruppenleiter im Finanzministerium.

Die Unprofessionalität, mit der zuletzt in der ÖIAG mit öffentlichem Eigentum geschludert wurde, scheint frühere Kalamitäten noch zu übertreffen.


Ich war immer ein Verteidiger der These, dass die öffentliche Hand nicht grundsätzlich schlechter wirtschaftet als Private. Natürlich immer vorausgesetzt, dass a) es eine übergeordnete Ethik, mit öffentlichem Eigentum umzugehen, gibt,
b) geeignete Manager aufgrund zielgerichteter, am Gemeinwohl orientierter Vorgaben arbeiten und c) Transparenz- und Kontrollinstanzen zeitnah und effizient wirken. Dies war oft nicht gegeben - erinnern wir uns nur an den Intertrading-Skandal, den Niedergang von Teilen der verstaatlichten Industrie oder das Hin und Her mit der ÖIAG.

Die Unprofessionalität aber, mit der in den vergangenen Jahren mit öffentlichem Eigentum geschludert wurde, scheint frühere Kalamitäten noch zu übertreffen: die Vorgänge bei den in der Kommunalkredit gemündeten öffentlichen Umwelt- und Wasserwirtschaftsinvestitionen, die Verstaatlichung und der folgende Nicht-Umgang mit der Hypo Alpe Adria, der AUA-Scherbenhaufen, die Telekom-Verschleuderung an América Móvil und nun das Desaster mit der einst stolzen OMV und letztlich die Vorgänge innerhalb der ÖIAG. Hier werden Milliarden an öffentlichem Eigentum vernichtet, die Kosten den Steuerzahlern aufgebürdet und so gehandelt, dass internationale Beobachter sich wundern, wie im drittreichsten Land der EU gefuhrwerkt wird. Hier jahrelanges Nicht-Handeln, da etliche strategische Fehler, die clevere Private gnadenlos ausnutzen, dort ein "sich selbst erneuernder Aufsichtsrat" (was die ÖIAG in einen eigentümerlosen Selbstbedienungsladen verwandelt hat), der Interna wochenlang in der Öffentlichkeit breittritt und in entscheidenden Sitzungen zu keiner Entscheidung kommt. Von Vorbereitung, von einer Strategie keine Rede. Verschwörungstheoretiker können meinen, die "Mehr privat, weniger Staat"-Ideologie früherer Kanzler habe endlich ihre Gewinner und Verlierer gefunden. Die Erwerber öffentlichen Eigentums gewinnen, die Steuerzahler verlieren: Ihr Eigentum wird verschleudert oder massiv entwertet.

Seit Jahren weiß die öffentliche Hand, dass der Balkan-Teil der Hypo-Gruppe abgespalten, verkauft oder liquidiert werden muss; seit Monaten weiß sie, dass sich weder Voreigentümer noch enteignete Gläubiger die Enteignung klaglos gefallen lassen werden; seit Monaten geht es dem Gasgeschäft nicht nur der OMV schlecht, der Vorstand streitet - doch in all diesen Fällen fehlen sinnvolle Vorbereitungs- oder Lösungsmaßnahmen.

Im Regierungsprogramm ist eine Neuordnung der ÖIAG enthalten - bisher konnten sich die Regierungsparteien auf keine gemeinsame Linie einigen: Das Desaster mit der Aufsichtsratsvorsitzbestellung, mit der OMV-Führung ist die Folge.

All diese skandalösen Vorgänge sind einer "Public-Private-Partnerschaft der Unprofessionalität" geschuldet: Die öffentliche Hand delegiert ohne Vorgaben wichtige öffentliche Aufgaben an private Manager, lässt diese fuhrwerken, auch dilettieren - und schaut zu, wie sie öffentliches Eigentum verschleudern, aber internationale Managergehälter kassieren. Es ist hoch an der Zeit, diese Posse, diesen Dilettantenstadel zu beenden. Das Parlament scheint dazu unfähig, also braucht es die Öffentlichkeit. Diese muss in einem Aufschrei dieses unwürdige und unfähige Schauspiel beenden.