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Tsipras und Varoufakis, eine Schande für Links

Von Werner Stanzl

Gastkommentare
Werner Stanzl ist Publizist und Dokumentarfilmer.

Noch in Jahren werden Profitgierige beim Kampf um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit das Versagen der Syriza ins Treffen führen.


In fast allen Redaktionen deutschsprachiger Gazetten, Radio- und TV-Sender haben sich Redakteure und Redakteurinnen vorgedrängt, um die Worthülsen des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und dessen Finanzminister Yanis Varoufakis als linkes Gedankengut oder gar als dessen Elixier auszugeben. Nichts disqualifiziert dieses Agieren mehr als die teils gewollte, teils naive Kritiklosigkeit, mit der Halbwahrheiten und ganze Unwahrheiten aus Athen zum Teil eines paneuropäischen sozialistischen Programms hochstilisiert wurden.

Niemals hätten Premier Tsipras und das Unikum Varouvakis als Linke ausgewiesen werden dürfen. Stets hätte "links" nachgeschärft werden müssen durch die Wortergänzung "Chaoten", um den beiden und ihrer Partei Syriza (Vereinigung radikaler Linker) gerecht zu werden.

Nehmen wir Varoufakis: Die Psyche und Grenzwertigkeit des unbeliebtesten Motorradfahrers Europas typisiert nichts besser als sein Sager: "Egal, was die Deutschen sagen, am Ende werden sie immer zahlen müssen."

Und nichts ist bezeichnender für das Lager des griechischen Premiers als die Behauptung eines seiner Berater im deutschen TV am vergangenen Sonntag, die Renten seien schon ausbezahlt. In Wahrheit stellen sich gegenwärtig allüberall in Griechenland die Pensionisten vor Banken an, bekam bis dato etwa die Hälfte von ihnen allemal 120 Euro ausgefolgt, weil die Syriza-Regierung die Liquidität des Staates verwirkt hat.

Tsipras und Varoufakis handelten im Umgang mit ihren Gläubigern nicht wie verantwortungsvolle Staatsmänner, sondern wie ausgeflippte Umweltschützer, die ein Atomkraftwerk in die Luft sprengen, um zu beweisen, dass davon tödliche Gefahr ausgehen kann.

Linke Politiker - solche, die sich als links deklarieren und solcherart auch passieren dürfen - wären nie ein Risiko mit derart katastrophalen Folgen für das ganze Volk eingegangen. Das Zocken der Syriza zeigt Menschenverachtung und hat linkes Gedankengut rundum besudelt.

Der Schaden, den Tsipras und Varoufakis linker Tradition und linkem Ansehen zufügten, ist im Ausmaß nur noch mit jenem vergleichbar, den Priester, die sich an Ministranten vergreifen, ihrer Religionsgemeinschaft zufügen.

Bald schon wird sich erweisen, dass es die griechischen Links-Chaoten den Verfechtern sozialer Gerechtigkeit schwerer gemacht haben, gerechteren Lohn, gerechtere Ressourcenverteilung und Chancengleichheit zu erkämpfen. Noch in Jahren werden ihre Gegner die Namen Tsipras und Varoufakis ins Spiel bringen, um den Habenden Pfründe und Privilegien zu sichern.

Der linksradikale Leichtsinn der Syriza hat damit nicht nur die Chancen der griechischen Jugend untergraben, die Senioren und Familien des Landes ins Unglück gestürzt, sondern den jeweiligen Alters- und Standesgenossen in ganz Europa Schaden zugefügt.

Gleiches müssen sich all jene Medien vorwerfen, in denen Tsipras und Varoufakis fortwährend als Linke verharmlost wurden, statt sie kompromisslos zu demaskieren. Dass sie dies vielfach in der edlen Absicht taten, schwere Mängel im System Europa anzuprangern, mindert den Schaden nicht, lässt aber auf differenziertere Berichterstattung hoffen.