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Unsere Demokratie ist in Gefahr

Von Robert Lugar

Gastkommentare
Robert Lugar ist Klub-obmann des TeamStronach.

Bundespräsidentenwahl und Bestellung der Rechnungshof-Präsidentin haben gezeigt: Höchste Zeit, dass Demokratie wieder ernstgenommen wird.


Der Bundespräsident ist oberster Diener des Staates und hat gleichzeitig die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zu prüfen. Gerade deshalb haben die Bürger das Recht, dass bei der Wahl des Präsidenten alles mit rechten Dingen zugeht.

Ob der Verfassungsgerichtshof nach der Wahlanfechtung entscheidet, dass die Wahl ganz oder teilweise wiederholt werden muss, ist sekundär. Entscheidend ist, dass es genaue gesetzliche Bestimmungen zur Stimmenauszählung gibt - und daran haben sich alle zu halten. Es geht nicht an, dass bei der Kür des Staatsoberhauptes kleine Beamte nach dem Motto "es wird schon nichts passieren" die Regeln nach ihrem Gutdünken biegen oder sogar brechen.

Je knapper ein Ergebnis ausfällt - und Alexander Van der Bellen hat mit einem sehr knappen Vorsprung gewonnen -, umso zweifelsfreier muss dieses Ergebnis sein. Hier jetzt der FPÖ vorzuwerfen, sie sei ein schlechter Verlierer, zeugt von einem demokratischen Missverständnis.

Natürlich muss man abwarten, welche Erkenntnisse der VfGH trifft; aber dass eine gründliche Reform speziell bei der Briefwahl nötig ist, das wird wohl jedem klar sein. Ich schlage vor, dass künftig die Wahlkarten eingeschränkt werden. Für Auslandsösterreicher sind sie sicher eine gute Möglichkeit, um an der Demokratie teilhaben zu können. Mit den Sammelbestellungen von Wahlkarten für Pflegeheime muss aber Schluss sein. Hier ist es sinnvoller, sicherer und für die Demokratie verträglicher, mehr fliegende Wahlkommissionen einzusetzen. Wer sich wirklich aktiv an der Wahl beteiligen will, dem ist auch zuzumuten, dass er in sein zuständiges Wahllokal geht. Und erinnern wir uns: Es ist noch nicht so lange her, dass es die Wahlpflicht gab. Änderungsbedarf besteht auch bei der Wahl des Rechnungshof-Präsidenten. Denn die Farce, die im Hauptausschuss gelaufen ist - angezettelt vom ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka - war ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus. Es wurde "gepackelt", dass sich die Balken gebogen haben, der SPÖ wurde letztlich die bei Weitem nicht beste Kandidatin untergeschoben. So hat es Lopatka schließlich geschafft, dass ein Viertel der Abgeordneten gegen drei Viertel gewonnen hat. Zwar hat Lopatka seine Studienkollegin erfolgreich auf den Posten der Rechnungshof-Präsidentin gehievt, er selbst ist aber für das im Hohen Haus dringend nötige gute Gesprächsklima untragbar geworden. Zudem darf man nicht vergessen: Aufgabe des Rechnungshofes als oberstes Kontrollorgan ist es, der Regierung auf die Finger zu sehen. Doch nun wird zumindest ein Teil der Regierung von einer getreuen Parteigängerin geprüft. Das ist, als könnte sich ein Unternehmer den Steuerprüfer selbst aussuchen. Positiv war das öffentliche Hearing. Das muss erhalten bleiben. Doch künftig muss die Wahl des Rechnungshof-Präsidenten unabhängig von allen Absprachen im Parlament in einer geheimen Wahl wie beim Bundespräsidenten erfolgen. Die Menschen in unserem Land haben es sich verdient, dass die wichtigsten Kontrollposten korrekt, sorgfältig und öffentlich nachvollziehbar besetzt werden.