
Die jüngste Entscheidung der EU-Kommission zum Steuerdeal des US-Konzerns Apple mit Irland lenkt nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit, die sonst eher anderen europapolitischen Themen gilt, auf die Steuerpolitik auf EU-Ebene. Sie verdeutlicht auch, wie wenige direkte Mittel die europäischen Institutionen zur Bewältigung ganz offensichtlicher Missstände - und einen solchen stellt die aggressive Steuerplanung der multinationalen Unternehmen ganz sicher dar - in der Hand haben: Ihren Ende August veröffentlichten Entscheid, dass Apple 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen muss, musste die EU-Kommission unter Berufung auf das europäische Beihilfenrecht erlassen.
Über steuerpolitische Instrumente im eigentlichen Sinn zur Eindämmung der Gewinnverschiebung durch Konzernmultis wird erst seit 2012 auf EU-Ebene diskutiert, angestoßen von international koordinierten Initiativen auf OECD-/G20-Ebene. Zwar sind inzwischen einige Fortschritte erzielt worden. Allerdings geht der Diskussions- und Entscheidungsprozess nur langsam voran, und die Reichweite der bereits beschlossenen Maßnahmen ist relativ begrenzt. Sie beschränken sich im Wesentlichen darauf, Transparenz herzustellen: etwa durch einen gegenseitigen Informationsaustausch zu Steuervorbescheiden, mit denen ein EU-Land einem multinationalen Unternehmen steuerliche Begünstigungen gewährt, oder durch die länderweise Offenlegung von deren Gewinnen und Steuerzahlungen.
Um weiter reichende Maßnahmen wie Zinsschranken oder eine generelle Missbrauchsklausel, um "unangemessene Gestaltungen" einzuschränken, wird dagegen noch gestritten. Derzeit eher chancenlos ist der wohl effektivste Ansatz zur Beschränkung des bestehenden kontraproduktiven Unternehmenssteuerwettbewerbs in der EU: die Einführung einer harmonisierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, die auf der Grundlage einer die regionale Verteilung der realwirtschaftlichen Aktivitäten eines Multis widerspiegelnde Zerlegungsformel auf die beteiligten Länder aufgeteilt wird. Kombiniert werden sollte dies mit einem zweistufigen Mindeststeuersatz - einem höheren für die "alten" und einem geringeren für die "neuen" EU-Länder. Gelingt es nicht, die Gewinne der Konzerne wieder effektiver zu besteuern, hat dies unerwünschte Konsequenzen: Insbesondere werden die Regierungen gezwungen - dies bestätigen empirische Untersuchungen -, die Steuerlast auf immobile Steuerbasen wie Arbeitseinkommen und Konsum zu verschieben, was negative Rückwirkungen auf Wachstum und Beschäftigung und problematische verteilungspolitische Folgen hat.