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Mehr als außenpolitische Geisterfahrer

Von Florian Hartleb

Gastkommentare
Florian Hartleb ist Politikberater, Mitarbeiter der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft und lehrt auch an mehreren Universitäten.

Die FPÖ trat noch vor wenigen Jahren gegen jede Form von Kommunismus auf - heute pilgern ihre Politiker zu Wladimir Putin nach Moskau.


Gerade hat die FPÖ ein Kooperationsabkommen mit Wladimir Putins Partei "Einiges Russland" auf höchster Ebene unterzeichnet. Ziel sei ganz im Sinne alter sowjetischer Doktrin "die Erziehung der jungen Generation im Sinne von Patriotismus und Arbeitsfreude", wie es im Pakt steht. Nun ist es ganz offiziell: Manche Rechte und Rechtsradikale dienen Putin als "nützliche Idioten", sind gar "trojanische Pferde" oder eine "fünfte Kolonne". Die "diplomatische" Aufwertung schmeichelt dem Ego. Ein stolzes Selfie darf da nicht fehlen. Der Zeitpunkt, mitten in der Vorweihnachtszeit, deutet die Priorität dieses "Deals" an.

Die FPÖ ist voller Widersprüche: Lange tauchte Russland in ihren Parteiprogrammen oder Reden kaum auf. Die FPÖ trat noch vor wenigen Jahren gegen jede Form von Kommunismus auf, sprach von der roten Gefahr aus dem Osten. Umgekehrt wollte Putin mit rechten und rechtsradikalen Kräften lange nichts zu tun haben, warnte sogar vor Europas Abdriften in den Faschismus. Mittlerweile pilgern FPÖ-Politiker regelmäßig nach Moskau.

2014 war ein Schlüsseljahr: Beim umstrittenen Krim-Referendum setzte Moskau im März auf Wahlbeobachter des französischen Front National, des belgischen Vlaams Belang, der ungarischen Jobbik, der italienischen Lega Nord und eben der FPÖ. Im November wurde dann bekannt, dass sich der Front National durch Millionenkredite einer Kreml-Bank seine Wahlkämpfe mitfinanzieren lässt. Gerüchte gibt es längst auch zu anderen Parteien, von der Lega Nord bis zur AfD. Der schmutzige FPÖ-Pakt zeigt nun eine ganz neue Dimension. Europas Rechtspopulisten sind im Kreml angekommen.

Es ist mehr als reine Naivität oder Geisterfahrerei: Europas Rechtspopulisten bewundern Putins autoritären Führungsstil ebenso wie sein aggressives Vorgehen auf der Krim. Ideen von einem Eurasien und einem Europa der Nationen tauchen auf. Illiberale Visionen werden gerne auf gemeinsamen Konferenzen diskutiert, ob in Wien, Berlin, Sankt Petersburg oder Moskau. Zum Club gehören Parteien wie die griechische Goldene Morgenröte und die ungarische Jobbik, die offen faschistisch auftreten. Auch in weltanschaulicher Hinsicht ist man sich einig, in der Ablehnung von Homosexualität und der Kultivierung eines sozialen Konservatismus sowie handfester Identitätspolitik. Sie alle sind gerne Gesprächspartner für Russia Today oder Sputnik, die Kreml-treuen Sender im Westen. Alles passt perfekt zu Putins medialem Propagandazug durch Europa.

Auch traditionelle Medien stehen in der Pflicht, etwa die Propagandamaschine aus dem Kreml, auch über Internet-Trolle, zu stoppen. Die institutionalisierte Partnerschaft der FPÖ mit Putins Russland könnte zu einer neuen Form einer Medienschlacht führen. Immerhin gibt es bereits jetzt nachweisbare Versuche, den Westen zu schwächen. Die immer intensiver werdenden Kontakte zu Europas Rechtspopulisten verstärken den Aufbau einer medialen Parallelöffentlichkeit. Über ihre Beeinflussung im US-Wahlkampf wird ebenso spekuliert wie bei den wichtigen Wahlen in Frankreich oder Deutschland. Die FPÖ will das auch so. Nun ist die Abkehr vom freiheitlichen Denken amtlich.