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Ein Kontinent der Hoffnung

Von António Guterres

Gastkommentare

Gastbeitrag: Die Welt kann viel von der afrikanischen Weisheit, den Ideen und den Lösungen lernen.


Viel zu oft sieht die Welt Afrika durch das Prisma der Probleme. Wenn ich nach Afrika schaue, sehe ich einen Kontinent der Hoffnung, der Verheißung und mit großem Potenzial. Ich fühle mit verpflichtet, auf diesen Stärken aufzubauen und eine höhere Ebene der Zusammenarbeit zwischen den Vereinten Nationen und den Führenden und den Menschen Afrikas zu schaffen. Das ist notwendig, um eine inklusive und nachhaltige Entwicklung voranzutreiben und die Zusammenarbeit für Frieden und Sicherheit zu vertiefen.

Dies ist die Botschaft, die ich zum jüngsten Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba (Äthiopien) mitbrachte - meiner ersten großen Mission als Generalsekretär der Vereinten Nationen. Vor allem kam ich mit tief empfundener Solidarität und Respekt. Ich bin erzeugt, dass die Welt viel von der afrikanischen Weisheit, den Ideen und den Lösungen gewinnen kann.

Konfliktverhütung statt Krisenmanagement

Ich brachte auch tief empfundene Dankbarkeit mit. Afrika stellt den Großteil aller UNO-Friedenssicherer weltweit. Afrikanische Staaten gehören zu den größten und freizügigsten Beherbergern von Flüchtlingen. Afrika hat eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaften weltweit.

Die jüngste Lösung der politischen Krise in Gambia hat wieder einmal die Macht afrikanischer Führung und Einheit gezeigt, um die politischen Herausforderungen zu überwinden und Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten. Ich verließ den Gipfel überzeugter denn je, dass die ganze Menschheit durch Zuhören, Lernen und Arbeiten mit Menschen in Afrika profitieren wird.

Wir haben die Pläne für die Schaffung einer besseren Zukunft fertig. Die internationale Gemeinschaft befindet sich im zweiten Jahr der Umsetzung der "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" - einer umfassenden Anstrengung, um die globale Armut, Ungleichheit, Instabilität und Ungerechtigkeit in Angriff zu nehmen. Afrika hat seinen eigenen komplementären und ambitionierten Plan angenommen: die "Agenda 2063". Damit die Afrikaner voll von diesen wichtigen Anstrengungen profitieren können, müssen diese beiden Agenden strategisch abgestimmt werden.

Es beginnt mit Prävention. Unsere Welt muss sich in erster Linie vom Krisenmanagement zur Verhütung bewegen. Wir müssen den Zyklus des zu späten und zu geringen Reagierens durchbrechen. Die meisten der heutigen Konflikte sind intern, ausgelöst durch Konkurrenzkämpfe um Macht oder Ressourcen, Ungleichheit, Marginalisierung oder konfessionelle Schranken. Oft flammen sie durch gewalttätigen Extremismus auf oder heizen ihn an.

Mehr Möglichkeiten und Hoffnung für Afrikas Jugend

Die Vereinten Nationen haben sich verpflichtet, mit Partnern Hand in Hand zu arbeiten, wo immer Konflikte oder die Gefahr eines Konfliktes die Stabilität und das Wohl gefährden. Aber Prävention geht weit über das Fokussieren auf Konflikte hinaus. Die besten Präventionsmittel und der sicherste Weg zu dauerhaftem Frieden ist eine inklusive und nachhaltige Entwicklung.

Wir können den Fortschritt beschleunigen, indem wir den jungen Menschen Möglichkeiten und Hoffnung geben. Mehr als drei von fünf Afrikanern sind unter 35 Jahre alt. Das Beste aus diesem enormen Kapital zu machen, heißt mehr in Bildung, Ausbildung, angemessene Arbeit zu investieren und die jungen Menschen bei der Gestaltung ihrer Zukunft einzubinden.

Wo wir Frauen ermächtigen, ermächtigen wir die Welt

Wir müssen auch unser Bestes geben, um die Frauen zu ermächtigen, damit sie bei nachhaltiger Entwicklung und nachhaltigem Frieden eine vollwertige Rolle spielen können. Es freut mich deshalb, dass die Afrikanische Union konsequent einen besonderen Schwerpunkt auf die Geschlechtergleichstellung und die Ermächtigung der Frauen gelegt hat. Ich habe es immer wieder gesehen: Wo wir Frauen ermächtigen, ermächtigen wir die Welt.

Ich reiste nach Afrika als Partner, Freund und engagierter Verfechter, um auf diesem mannigfaltigen und lebendigen Kontinent einen Wandel herbeizuführen. Krisen zeigen bestenfalls eine Teilansicht. Aber aus einer übergeordneten Ebene der Zusammenarbeit können wir das Gesamtbild erkennen, das dieses enorme Potenzial und die bemerkenswerten Erfolgsgeschichten in jedem Eck des afrikanischen Kontinents ins Rampenlicht stellt. Mit dieser Perspektive habe ich keinen Zweifel, dass wir den Kampf für eine nachhaltige und inklusive Entwicklung gewinnen können, die auch die beste Waffe bei der Prävention von Konflikten und Leid ist, Afrika noch lebendiger scheinen lässt und die Welt begeistern kann.

António Guterres ist seit 1. Jänner 2017 UNO-Generalsekretär. Der 67-jährige Portugiese war von 1995 bis 2002 Premierminister Portugals und von 1999 bis 2005 Präsident der Sozialistischen Internationalen. Von 2005 bis 2015 war er Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen.