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Nun sag, wie hast du's mit der FPÖ? (1)

Von Barbara Blaha

Gastkommentare
Barbara Blaha arbeitet in der Programmleitung des Brandstätter Verlags, hat den Politkongress Momentum gegründet und war ÖH-Vorsitzende. 2007 ist sie aus der SPÖ ausgetreten.
© Pertramer

Der Kriterienkatalog der SPÖ ist so vage und schwammig, dass er völlig gegenteilige Interpretationen zulässt.


Nach einjährigem angestrengten Nachdenken hat der Berg also gekreißt und einen Kriterienkatalog geboren. Der ist so vage und schwammig, dass er völlig gegenteilige Interpretationen zulässt. In der Wiener SPÖ freut man sich über Klarheit – endlich sei eine Koalition mit der FPÖ endgültig ausgeschlossen. Zugleich jubelt man im Burgenland über das "Ende der Ausgrenzungspolitik". Was also stimmt? Am ehesten das, was die Parteizentrale, gewunden aber doch, verlautbart: Die SPÖ öffnet sich gegenüber den Blauen. Dazu wird plötzlich von der Löwelstraße selbst das traditionelle Argumentarium der FPÖ aufgeboten und plötzlich so getan, als sei es in einer Demokratie unstatthaft, mit bestimmten politischen Gruppierungen schlicht nichts zu tun haben zu wollen, weil deren Auftreten, Inhalte und Interessen den eigenen diametral entgegengesetzt sind. Nicht mehr nur blaue, plötzlich auch rote Spindoktoren behaupten neuerdings, eine Absage an die Politik der FPÖ sei gleichbedeutend mit einer Absage an deren Wählerschaft.

Den Gegnern von Rot-Blau unterstellt man zugleich in bester Herbert-Kickl-Manier, ihre Beweggründe wären nicht inhaltlicher Natur, sondern entsprängen selbstgerechtem Dünkel (in den Worten von Christian Kerns Campaigner Stefan Sengl "symbolpolitisch", der Gegnerschaft zu Rot-Blau hafte die "Pose der moralischen Überlegenheit" an). Diese Denunziationsstrategie ist bewusst bemüht, vom eigentlichen Kern des Problems abzulenken. Eine glaubwürdige Abgrenzung gegenüber einer reaktionären Partei von Hetzern und Demagogen ist definitiv eine Frage politischen Rückgrats, persönlichen Anstands kurz: der Moral. Das für einen Makel zu halten und nicht für etwas, auf das man auch stolz sein könnte, trägt wesentlich zum desaströsen Image der Spitzenpolitik bei.

Die Öffnung zur FPÖ ist ein strategischer und inhaltlicher Fehler

Aber die Öffnung zur FPÖ ist mindestens so sehr auch ein strategischer und inhaltlicher Fehler. Statt mit einem ambitionierten Wahlprogramm in die Auseinandersetzung zu gehen, das einen möglichst deutlich vom politischen Gegner abhebt, entledigt man sich eines der wenigen verbliebenen eigenen Grundsätze. Man redet den Unterschied zu einer Partei klein, deren Politik immer eine Kombination war aus kampagnisierter Niedertracht und arbeitnehmerfeindlicher Parlamentsarbeit. Man tut so, als gäbe es Schnittmengen mit einer FPÖ, die sich das Mäntelchen der "sozialen Heimatpartei" umzuhängen versucht und damit bewusst ihre eigene Anhänger- und Wählerschaft belügt, gegen deren soziale Interessen sie in Wahrheit konsequent Politik macht.

SPÖ-Chef Kern versucht seit einem Jahr, die FPÖ durch eine rigide Flüchtlingspolitik auf ihrem eigenen Feld zu schlagen. Der Erfolg ist Platz zwei in den Umfragen und zunehmende Konfusion in den eigenen Reihen. Man kann das für einen Erfolg halten und durch die Öffnung zur FPÖ eins drauf setzen. Oder man konzentriert sich darauf, eine echte Alternative anzubieten. Damit könnte man die FPÖ an ihrem wunden Punkt erwischen, nämlich an ihrem Status als Reichenpartei, die verlässlich jede sozialpolitische Verbesserung für Normalverdiener torpediert, notorisch gegen die Interessen von Frauen, Kindern, Alten und Pflegebedürftigen agiert. Vielleicht käme man so auch zur Erkenntnis, dass die FPÖ keine Alternative zur ÖVP ist. Sondern eine ÖVP zum Quadrat.