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"Lügen ist seine zweite Natur"

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare
Clemens M. Hutter war Leiter des Auslandsressorts bei den "Salzburger Nachrichten".

US-Präsident Donald Trump steht im Kreuzfeuer der Kritik wie keiner seiner 44 Amtsvorgänger.


"Donald Trump ist ein vollkommen unehrlicher Präsident, der bei vielen Themen große Probleme mit der Wahrheit hat." Mit diesem Vorwurf schreckte der republikanische Senator Bob Corker vor kurzem die Öffentlichkeit auf. Tony Schwarz, Ghostwriter von Trumps Autobiografie, doppelte nach: "Lügen ist seine zweite Natur." Die "Washington Post" bilanzierte: "Trumps Instinkte sind autoritär, seine Präsidentschaft ist ein Reinfall nach dem anderen. Er hat bewiesen, dass er ein Rüpel und unbeholfener Autokrat ist." Und der republikanische Senator Jeff Flake beklagte öffentlich, die US-Politik habe sich leider an Trumps "rücksichtsloses, unverschämtes und unwürdiges" Verhalten gewöhnt.

So einen Shitstorm hat keiner der 44 Amtsvorgänger Trumps erlebt.

Er bringt aber keinen dieser Kritiker vor Gericht. Vielmehr bezeichnete er die "Washington Post" als Zeitung der "fake news" und seinen Parteifreund Corker als "Leichtgewicht, das in seiner Heimat Tennessee nicht einmal die Wahl zum Hundefänger gewänne". Corker ist allerdings Vorsitzender des außenpolitischen Senatsausschusses.

Offensichtlich ficht es Trump nicht an, dass er von seinen Programmen kein einziges durch den Kongress brachte. Die riesige Mauer an der Grenze zu Mexiko zum Schutz der USA vor "Kriminellen, Drogenhändlern und Vergewaltigern" ist eine Fata Morgana, weil sich Mexiko weigert, dafür mindestens elf Milliarden Dollar zu zahlen. Den Klimawandel hält Trump für eine Erfindung Chinas, um der US-Wirtschaft zu schaden. China droht er mit Importzöllen für preisgünstige Waren, stößt sich aber nicht daran, dass seine Tochter die Waren ihres Modekonzerns im billigen China schneidern lässt. Zum Schutz vor Terroristen stoppte Trump die Einreise von Muslimen aus sieben islamischen Staaten, aber Bundesgerichte kippten dieses Dekret als verfassungswidrig. Für den Kampf gegen den Terrorismus empfiehlt Trump die Methode des US-Generals John Pershing gegen philippinische Terroristen: Dieser soll einer längst widerlegten Legende nach vor 100 Jahren auf den Philippinen 50 muslimische Rebellen mit in Schweineblut getauchten Kugeln erschossen haben. Das Blut der "unreinen Tiere" versperrte den Exekutierten den Weg ins Paradies. Trump dazu: "Dann gab es 35 Jahre lang keinen islamischen Terror mehr."

Nun erregte in den USA "Der gefährliche Fall des Donald Trump" erhebliches Aufsehen. In dieser Studie sehen 27 Psychiater in Trumps dauerndem Selbstlob, sprunghaftem Verhalten, Lügen und Umgang mit Kritikern eine "mentale Instabilität". Er sollte deshalb "nicht mit der über Leben und Tod entscheidenden Macht der Präsidentschaft ausgestattet sein". Laut Verfassungszusatz 25 könnte ein US-Präsident abgesetzt werden, wenn er psychisch nicht mehr fürs Amt geeignet ist. So ein Verfahren ist aber höchst unwahrscheinlich. Eine andere Möglichkeit böte Verfassungsartikel 2: Der Kongress kann den Präsidenten absetzen, wenn er ihn des "Verrats, der Bestechung oder anderer Verbrechen schuldig befindet". Dafür liegt aber kein Anlass vor. Die Welt wird sich also mit einem US-Präsidenten abfinden müssen, den die US-Bürger für inkompetent (31 Prozent) und einen Lügner (30 Prozent) halten.