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Zeig mir Deine Freunde, und ich sage Dir, wer Du bist

Von Matthias Strolz

Gastkommentare
Matthias Strolz ist Klubobmann der Neos. Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.

Das europäische Miteinander ist das Fundament für Lebensqualität, Wohlstand und Frieden - für uns und unsere Kinder.


Zeig mir Deine Freunde, und ich sage Dir, wer Du bist: Vorige Woche kam Viktor Orbán als einer der ersten Staatsgäste von Bundeskanzler Sebastian Kurz nach Wien. Offensichtlich war und ist, dass Orbán Verbündete gegen das - so seine Diktion - "EU-Imperium" sucht und in der neuen Regierung Österreichs ebensolche vermutet.

Gleich vorweg: Natürlich ist es Aufgabe der Bundesregierung, auch mit schwierigen Regierungsspitzen in unseren Nachbarstaaten in Kontakt zu sein. Aber es macht einen Unterschied, ob ich mit einem fragwürdigen Regierungschef im Austausch bin oder ob ich ihn mir als Vorbild nehme.

Wenn ich an die ORF-Wahlkonfrontation zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zurückdenke, in der sie sich nicht einigen konnten, wer jetzt "best buddy" von Viktor Orbán ist, beschleicht mich Beklemmung. Denn mit Viktor Orbán kam ein Regierungschef nach Wien, der für die "illiberale Demokratie" eintritt.

Es gibt aber keine illiberale Demokratie, weil im Herzen der Demokratie die Freiheit steht. Wer die Freiheit bekämpft, bekämpft die Demokratie. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir entschlossen gegen die Orbanisierung Österreichs und gegen die Orbanisierung Europas auftreten müssen.

Wir dürfen nicht wegschauen, wenn innerhalb der Europäischen Union ein Regierungschef die Grundfesten der Demokratie attackiert: Viktor Orbán maßt sich an, kritische Zeitungen zu schließen. Viktor Orbán erteilt Maulkörbe an kritische Universitäten. Viktor Orbán arbeitet mit Feindbildern und betreibt offen antisemitische Kampagnen. Und er bekämpft die organisierte Zivilgesellschaft.

Auch die ungarischen Oppositionsparteien sind mit ständigen Einschüchterungsversuchen konfrontiert. Dass der Chef der liberalen Bewegung Momentum, András Fekete-Györ, bei unserer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien trocken erklärt, dass sein Handy ganz sicher abgehört wird, sind Zustände, die ich in Österreich so nie erleben möchte.

Deshalb lautet meine Botschaft an Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache: Ihr habt die falschen Freunde! Leider ist es dabei nicht nur Orban, der das europäische Miteinander unterlaufen will. Marine Le Pen und Geert Wilders waren unter den Ersten, die der neuen österreichischen Regierung gratulierten.

Am selben Tag, an dem Kurz und Strache am Kahlenberg ihre Einigung verkündeten, nahm ein EU-Abgeordneter der FPÖ an einem Treffen der rechtspopulistischen Dach-Fraktion ENF in Prag teil. Dort wurde ganz offen die Zerstörung der EU als Ziel ausgerufen. Da kann im Regierungsprogramm noch so oft die klare proeuropäische Ausrichtung postuliert werden - Papier ist geduldig; an den Taten werdet ihr sie erkennen.

Wir NEOS werden der Regierung bei ihren Doppelbödigkeit und Wankelmütigkeit in Europa-Fragen die Stirn bieten. Wir werden unbeugsam und unermüdlich für das Miteinander in Europa kämpfen. Denn wir haben viel zu verlieren: Das europäische Miteinander ist das Fundament für Lebensqualität, für Wohlstand, für Frieden - für unsere Generation und die Generation unserer Kinder.