Foto: apa/Robert Parigger
Foto: apa/Robert Parigger

Die Zukunft der Demokratie in Europa gibt Anlass zur Sorge. Für Europa gilt, dass die Demokratie entweder europäisch ist, oder sie ist nicht. Das heißt, dass sich die jeweilige konkrete Ausprägung von Demokratie in jedem europäischen Staat einerseits problemlos in mancher Hinsicht von den anderen unterscheiden kann. Das gehört zur verfassungsrechtlichen Vielfalt innerhalb des Demokratierahmens dazu, die auch durch den EU-Vertrag gedeckt ist. Die Erschütterung von Grundfesten der Demokratie wird andererseits durch nichts gedeckt. Und wenn sie zunächst national geschieht wie in Polen, Ungarn oder Rumänien, zieht sie dennoch die Demokratie insgesamt als Staatsform Europas in Mitleidenschaft. Es besteht die Gefahr einer Kettenreaktion wie in der Zwischenkriegszeit, als eine Demokratie nach der anderen umfiel.

Polen hat nun praktisch die Gewaltenteilung ausgehebelt und die Judikative der Exekutive unterstellt. Dazu kommt der Kampf der Regierung gegen die Institutionen und Medien (die vierte Gewalt). Ungarn führt denselben Kampf, der öffentliche Bereich inklusive Kulturinstitutionen wurde zur Versorgung linientreuer Fidesz-Soldaten übernommen, Kritiker werden kaltgestellt. Die rumänische Regierung weicht im Interesse der eigenen korrupten Leute die Antikorruptionsgesetzgebung auf und fällt den Staatsanwaltschaften in den Rücken. Was es genau bedeuten wird, dass der neue tschechische Regierungschef sein Land wie ein Unternehmen führen möchte, lässt sich noch nicht sagen, aber eine Demokratie ist ganz sicher etwas anderes.

Anzeichen wachsender Gefährdung


In anderen europäischen Ländern funktioniert die Demokratie formal betrachtet korrekt, sie zeigt aber Anzeichen wachsender Gefährdung. Zum einen haben einige Rechtsparteien kein demokratisches, sondern ein autoritäres Rechts- und Menschenverständnis, was sich nicht nur auf die demokratische Verfassung, sondern allgemein auf das Recht und die Stellung des Menschen im Recht bezieht. Zum anderen verlieren die bisherigen Volksparteien (Sozialdemokraten, Volksparteien/
Christdemokraten) ihre breite Basis, wenn es sie nicht gleich zerlegt wie in Frankreich und Italien. Früher stabile, wenn auch kleine politische Orientierungen wie Liberale und Grüne werden durch höhere Volatilität charakterisiert.

Auf all diese Entwicklungen wurden noch keine dauerhaften, stabilisierend wirkenden Antworten gefunden: Neuwahlen, Minderheitsregierungen, Koalitionsmehrheiten, die nur so lange halten, bis ein Partner glaubt, bei Neuwahlen gewinnen zu können, Expertenregierungen, mehr sogenannte direkte Demokratie und was es noch an Rezepten im politischen Kochbuch gibt.