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Was braucht der ORF den Artmann?

Von Edwin Baumgartner

Kommentare

Zweimal muss man den Offenen Brief der IG Autorinnen Autoren an den ORF lesen, aber fassen kann man ihn dann noch nicht: Für den ORF ist der österreichische Dichter H.C. Artmann irrelevant. Das kommt so: Der Wiener Regisseur Martin Polasek hat dem ORF-Landesstudio Wien einen Beitrag über Artmann anlässlich dessen 20. Todestages (er starb am 4. Dezember 2000) und 100. Geburtstags im Jahr 2021 vorgeschlagen. Wie der ORF ablehnt, ist reiner Grausbirnendünger: "HC Artmann war in den 60ern äußerst populär - vor allem wegen seiner Beiträge zur Wiener Gruppe und seinen damals neuen Dialektgedichten. Aber das ist schon sehr lange her und Lyrik heute lange nicht mehr so beliebt wie damals. Deswegen sind wir der Ansicht, dass Thema und Person nur mehr für Liebhaber, also eine recht kleine Gruppe, relevant sind."

Die restliche Lyrik - egal. Die Prosa - egal. Die Pioniertat, die Popkultur zu überhöhen und eine Postmoderne zu schaffen, ehe sie definiert war - egal. Dass es auch Aufgabe des ORF wäre, wichtige österreichische Künstler ins Bewusstsein zurückzuholen - egal.

Das ideale Wien-Thema der Verschmelzung von Bezirk und Poesie in Artmanns Lyrik - egal.

In Wahrheit wirkt sich da aus, dass sich Artmann nie auf die Seite einer politischen Interessengruppe geschlagen hat, nicht auf die der Rechten und auf die der Linken schon gar nicht. Deshalb fehlt ihm - gerade im ORF - die Lobby. Wer nur der Dichtung wegen gedichtet hat, geht im ORF offenbar unter. Und sei es ein Genie wie H.C. Artmann.