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Steckt Waltz in der Plagiatsfalle?

Von Edwin Baumgartner

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Auf Christoph Waltz’ "Fidelio"-Inszenierung im Theater an der Wien richteten sich mehr Augen, als es Opernpremieren sonst vergönnt ist: Die Premiere fand in der Corona-Krise statt, online und im TV, ohne Publikum. Ein Vorgeschmack auf die kommenden Probleme der Opern- und Theaterszene. Beherrscht war Waltz’ Inszenierung von der Treppenkonstruktion des US-deutschen Architekturbüros Barkow Leibinger. Just von dieser behauptet nun Kulturjournalist Axel Brüggemanns in seinem Blog bei der Klassikzeitschrift "Crescendo", sie sei ein Plagiat, abgekupfert von "Double Negative" des US-Architekten Khoa Vu. Tatsächlich: Die Konstruktionen ähneln einander frappant. Dennoch erhebt sich die Frage, wann ein Bühnenbild eindeutig ein Plagiat ist. Anders gesagt: Plagiieren die herkömmlichen "Turandot"-Bühnenbilder das nächstgelegene chinesische Lokal?

Der Knackpunkt ist der künstlerische Anspruch. Wenn die künstlerische Formung über die reine Illustration und Funktionalität hinausgeht, dann wird wohl auch einem architektonischen Entwurf und einem Bühnenbild die Eigenschaft geistigen Eigentums zugesprochen werden können. Aber nächster Punkt: Was ist ein Zitat? Wie weit kann unbewusste Beeinflussung gehen, ohne in Plagiatsuntiefen auf Grund zu laufen? Eine Auseinandersetzung auf der Basis des Urheberrechts könnte in der "Fidelio"-Causa vor der Tür stehen. Ob sie, unabhängig vom Ausgang, mehr bringt als einen Triumph für die Plagiatsjäger, sei dahingestellt.