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Lass dich abbusseln, ich bin geimpft

Von Alexander U. Mathé

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Die gesunden Zeiten neigen sich dem Ende zu. Das haben Sie sicher auch schon bemerkt. Gut, da ist diese fürchterliche Pandemie, die uns seit mehr als eineinhalb Jahren begleitet. Die war natürlich nicht gesund. Aber alles andere wirkte im Kontrast dazu verhältnismäßig vitaler als sonst. Hustende Kollegen, die sich durch die Gänge schleppen, Schüler, die mit fiebergeröteten Augen in der Klasse sitzen - all das bekam man so gut wie nie zu Gesicht. Das lag sicherlich an den Covid-Maßnahmen: Händewaschen, Desinfizieren oder Mundschutz wirken nicht nur gegen Corona. Dass Seuchenträger in der Öffentlichkeit nicht zu sehen waren, kann wohl aber auch ein Stück weit mit gesellschaftlicher Vorsicht zusammenhängen. Manch einer blieb lieber zu Hause, bevor er sich dem Verdacht, coronakrank zu sein, aussetzte. Oder sich gar genötigt gesehen hätte, sich zu testen und dann am Ende noch als grauslicher Spreader geoutet worden wäre - soziale Ächtung inklusive. Doch das ist mittlerweile vorbei. Die Kleinen werden wieder in den Kindergarten gejagt, auch wenn gelbe Rotzpfropfen bis zur Unterlippe hängen. In den Betrieben sind wieder Halbkranke unterwegs. Es wird umarmt, geherzt, ungefragt angefasst und genähert, was das Zeug hält. Auf verstörte Hinweise kommt wie das Amen im Gebet der Verweis: "Keine Sorge, ich bin geimpft." Zu glauben, die Corona-Impfung wirke auch gegen echte Grippe, Feuchtblattern oder Masern, ist dann doch ein wenig zu optimistisch. Dass eine Corona-Impfung nicht bedeutet, dass man sich nicht mit Covid infizieren kann, hat sich offenbar in weiten Teilen der Bevölkerung auch noch nicht herumgesprochen. Und so geht es zumindest in Sachen Krankheitsübertragung wieder in Richtung der Normalität vor der Pandemie.