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Unlustig: Falsche Todesmeldungen

Von Christoph Irrgeher

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Nein, der ehemalige Papst Benedikt XVI. ist nicht verschieden. Joseph Aloisius Ratzinger, so heißt er mit bürgerlichem Namen, weilt mit seinen 95 Jahren weiterhin auf Erden.

Das Gegenteil war in der Nacht auf Dienstag behauptet worden. Ein Twitter-Account, vermeintlich vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, betrieben, verkündete den Tod Ratzingers auf Deutsch, Englisch und Spanisch. Vor allem spanische Medien sprangen darauf an, schrieb die Nachrichtenagentur Kathpress. Schon eine Stunde später lüftete der falsche Bischof aber seine Tarnung und gab sich als der römische Journalist Tommaso Debenedetti zu erkennen. Der hat mit ähnlichen Maskeraden schon mehrere Prominente für tot erklärt und will mit derlei Aktionen beweisen, so behauptet er, wie leicht sich Medien heute narren lassen.

Nun ist an diesem Vorwurf zwar etwas dran. Ein gesteigerter Aktualitätsdruck begünstigt es, dass Hoax-Meldung - zumindest kurzzeitig - auch auf seriösen Nachrichtenplattformen landen können. Ob man diesen Missstand aber wirklich in der Form anprangern muss, dass man Prominente über die Klinge springen lässt, ist eine andere Frage. Wer rüstige Herren für tot erklärt (wie vor zwei Jahren auch Plácido Domingo), der macht nicht durch und durch den Eindruck eines Systemkritikers - er ist auch ein Profiteur, der die Gesetze der Medienwelt für den eigenen Fälscherruhm ausnutzt. Und das mit einem schrecklich degoutanten Scherz.