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Wenn sich Wiener in Innsbruck wie zu Hause fühlen

Von Alexander U. Mathé

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"Sind Wiener hierher gekommen und haben das gebaut?" Die unbestechliche kindliche Logik ist manchmal einfach vorbildlich. Da steht also eine sechsjährige Wienerin in Innsbruck an der Sill. Die eine Seite ist von niedrigen Häusern geprägt, auf der anderen beginnt allmählich die Villengegend. Und mitten drinnen ragen hohe Wohntürme in den Himmel, die man statt der umliegenden Berge bewundern kann. So etwas kannte das Kind bisher nur aus Wien. Dort, wo Einfamilienhäuser gewinnträchtigen Großbauten weichen und seit Jahren über den Heumarkt diskutiert wird. Später folgte in Innsbruck der Besuch eines Restaurants, das gute Steaks zu hohen Preise verspricht: betont modernes Interieur, zahlungspflichtiges Gedeck und Schnickschnack von Amuse-Gueule bis überdimensionalen Pfeffermühlen. Für das - tatsächlich vorzügliche - Stück Fleisch, hätte man in einem Gasthaus um die Ecke locker fünf Schnitzel bekommen. Dazu kredenzt wurde Chimichurri. Diese simple Sauce aus gehackten Kräutern, Essig und neutralem Öl ist in Argentinien eine Standardbegleitung. Doch in Innsbruck wurde es kreativ: Ein intensives Olivenöl, in dem ein paar unzerkleinerte Petersiliensträusel steckten. Sieht hip aus und eine Messerspitze davon, schafft es mühelos, jeglichen Fleischgeschmack sofort zu ermorden. In Innsbruck, wo es typischerweise Essen ohne Firlefanz zu soliden Preisen gibt, war die Gesamtsituation ungewohnt. Fast wollte man fragen: "Sind Wiener hierher gekommen und haben den Betrieb aufgezogen?"