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Zum Führen verdammt?

Von Walter Hämmerle

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Dass die Salzburger Grünen der Verlockung, selbst den Chefsessel zu erklimmen, widerstehen, erfüllt manche mit ziemlicher Wut.


"Ob man einen Sieg verdient hat, liegt weniger daran, was man getan hat, um ihn zu erringen, als daran, wozu man ihn nutzt." So fundamentalistisch wie apokalyptisch beginnt Johannes Voggenhuber seine Generalabrechnung mit seinen Salzburger Parteifreunden in der "Zeit" (2013/22). Der zornige alte Mann der Grünen argumentiert dabei wie folgt: Die Wähler haben den Grünen bei den Landtagswahlen Anfang Mai den nicht zurückzuweisenden Auftrag erteilt, nach dem "Multiorganversagen des politischen Systems im Salzburger Finanzskandal" für Erneuerung zu sorgen, indem sie den Wähleranteil der Partei auf 20 Prozent verdreifachten. Dass Astrid Rössler, die Obfrau der Salzburger Grünen, nun mit ÖVP und Team Stronach über eine Koalition verhandelt, statt das von der SPÖ an sie herangetragene Angebot wahrzunehmen, als drittstärkste Kraft von Sozialdemokraten und regionalen Stronach-Jüngern zur allerersten grünen Landeshauptfrau gewählt zu werden, erscheint Voggenhuber als "politisches Versagen" von geradezu "historischer Dimension".

Abgesehen von dem Umstand, dass Anspruch auf den Sessel des Landeschefs hat, wer immer im Landtag eine tragfähige Mehrheit auf sich vereinen kann, ist der Manichäismus, in den Voggenhuber die politische Welt im kleinen Salzburg einteilt, einigermaßen irritierend. Und auch die politische Logik ist erstaunlich willkürlich zusammengezimmert. Folgt man dieser Argumentation, dann hätte man in den frühen 90er Jahren auch der aufstrebenden Haider-FPÖ den Kanzleranspruch antragen müssen - immerhin schlitterten SPÖ und ÖVP von einem Wahldebakel ins nächste.

Welche Partei am Ende eines Wahlsonntags, den "Sieg" für sich beanspruchen kann, ist längst zum Gegenstand einer umfassenden PR-Schlacht geworden, wo relative Zusammenhänger über die tatsächlichen parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse die Oberhand behalten. Dritter bleibt schließlich Dritter, Stimmenzuwachs hin oder her, zumal der Abstand auch in Salzburg zur stimmenstärksten ÖVP beachtliche neun Prozentpunkte beträgt.

Sympathisch dagegen ist der offen zur Schau getragene Zug zur Macht Voggenhubers. Parteien sind zuallererst Mittel zum Zwecke des Machtgewinns und der Machtausübung, alles andere ist zwar auch schön und gut, aber nichtsdestotrotz von zweitrangiger Bedeutung. Die Grünen sind ohnehin viel zu lange abseits am Rande des Spielfelds gestanden, wenn es um die harten Fragen ging. Dass die Partei nun nicht nur Wahlen gewinnt, sondern auch SPÖ und ÖVP in der Machtfrage offen und selbstbewusst herausfordert, ist uneingeschränkt zu begrüßen.

Voggenhubers Hang zur Transzendenz der politischen Realität, indem er die Salzburger Grünen durch Selbsthypnose zu veritablen Riesen aufbläst, mag im Einzelfall als geschickte Verhandlungsstrategie den einen oder anderen taktischen Erfolg zeitigen. Ob diese Methode aber in Salzburg zur Eroberung des Landeshauptfrausessels reichen würde, darf allerdings bezweifelt werden.