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Der Cartoonist, für den sogar Minister synchronisieren

Von Alexander U. Mathé

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Mit seinen gesellschaftskritischen Comics hat es Jul | an die Spitze der politischen Zeichner Frankreichs gebracht.


Julien Berjeaut hat Frankreichs Minister für wirtschaftlichen Wiederaufbau zum Affen gemacht. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Denn Jul - so der Künstlername des 39-Jährigen - ist Karikaturist und hat in seiner erfolgreichen Comicserie "Silex and the City" eine Gastrolle an Minister Arnaud Montebourg vergeben. Mit "Sex and the City", an das der Titel offensichtlich angelehnt ist, hat die Serie nichts zu tun. Sie ist vielmehr eine Mischung aus Asterix und der Familie Feuerstein (für den Silex ein Synonym ist). Aktuelle Gesellschaftsthemen werden anachronistisch aufbereitet: Vor dem Hintergrund der Steinzeit wird das Leben der Familie Dotcom erzählt, die beispielsweise mit Chauvinismus, fiesen Banken oder Immigration konfrontiert ist. Der Beginn der dreiminütigen Fernsehepisoden ist auch nicht ganz unbekannt: "Wir befinden uns im Jahr 40.000 vor Christus: Der ganze Planet scheint den Gesetzen der natürlichen Auslese zu gehorchen. Der ganze? Nein! Ein Tal hört nicht auf, sich der Evolution zu widersetzen." Juls Talent wurde schon früh offenbar: Im zarten Alter von zwölf Jahren gewann er mit seinen Zeichnungen den dritten Preis bei einem Jugendwettbewerb. Beruflich verfolgte er ursprünglich einen anderen Weg und war Professor für chinesische Geschichte an der Eliteuniversität École normale supérieure de Fontenay-Saint-Cloud. Als er jedoch merkte, dass er von seinen Karikaturen und Cartoons, die er nebenbei machte, leben konnte, widmete er sich diesen völlig. Er publizierte in so renommierten französischen Medien wie "Les Échos", "Nouvel Observateur" oder" L’Humanité". Schon mit seinem ersten Comic-Band, "José Bové muss getötet werden", gelang ihm 2006 der Durchbruch. Darin nimmt er die Widersprüche in Argumentationen von Kapitalisten und Globalisierungsgegnern aufs Korn. Die feine politische Klinge in Juls Comics begeistert die Leser ebenso wie sein Humor. Und so wurde nach 160.000 verkauften Exemplaren von "Silex in the City" dieses als Cartoon für das Fernsehen adaptiert. Erstmals ausgestrahlt wurde es im September 2012 vom Fernsehsender Arte, jenem Jahr, in dem ihm die französische Regierung den Orden der Künste und der Literatur verlieh. Seinen Auftritt als Afferl im Matrosenleiberl wird Minister Montebourg im Herbst 2014 haben, wenn die neue Staffel anläuft. Für das Ansehen und den Respekt, der Jul entgegengebracht wird, zeugt, dass sich Montebourg sogar höchstpersönlich als Synchronstimme zur Verfügung stellte. "Mr. Made in France", wie er auch genannt wird, versucht in dieser Folge, die Verlegung eines Vulkan(reaktor)s zum Peking-Menschen zu verhindern. Der Minister wird der Folge ebenso gespannt entgegenfiebern wie die Zuseher.