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Die Musik einer WM

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

Warum trotz allem nicht alles schlecht ist und was Jennifer Lopez mit dem kritischen Kollegen zu tun hat.


"Geht’s euch auch so", fragte unlängst ein nicht rasend Fußball-interessierter Kollege in der Redaktionskonferenz. "Irgendwie ist aus dieser WM die Musik heraußen." Das ist mittlerweile auch schon ein paar Tage her, dabei wird die WM erst am Donnerstag angepfiffen. Und es ist immer wieder dasselbe: Im Vorfeld wird geschrieben, diskutiert, gestritten, bis einem ein Großereignis schön langsam aus dem Hals heraus hängt. Nun gut, die Situation in Brasilien ist ja für viele tatsächlich nicht gerade prickelnd, Vorfreude schaut schließlich anders aus als die Bilder von kilometerlangen Staus, Protesten und Bewohnern, die ihre Häuser räumen mussten. Und der ganz große Sympathieträger ist die Fifa ja jetzt auch wieder nicht. Und doch steigt die Stimmung langsam, aber sicher, auch das war schon immer so. Selbst die U-Bahnfahrer haben rechtzeitig vor Anpfiff ihren Streik ausgesetzt (wenn auch nur bis auf Widerruf). Und man kann sich fast sicher sein, dass genau jene, die jetzt von mangelnder Musik reden, dann die Fernsehgeräte blockieren werden, dem Panini-Wahn verfallen, mit der WM-Hymne auf den Lippen ins Büro kommen und die Prophezeiungen irgendeines tierischen Orakels analysieren, sobald die Stars Ball und Gegner malträtieren. Auch das war schon immer so.

Der Fußball mag durchsetzt sein von Korruption, Machtgier und Eitelkeiten, doch es gibt auch selten ein Ereignis, das die Menschen derart fasziniert wie eine WM. Ein G7-Gipfel kann da nicht wirklich mit.

Nur eine lässt das Spektakel eigenen Angaben nach wirklich kalt, dabei ist gerade sie es, die für die musikalische Begleitung und den optischen Aufputz hätte sorgen sollen: Jennifer Lopez, die gemeinsam mit dem US-Rapper Pitbull und der brasilianischen Sängerin Claudia Leitte den offiziellen Fifa-WM-Song "We are one" aufgenommen hatte, hat keine Zeit. "Mein Terminplan ist im Moment wirklich extrem voll", sagte sie zwei Tage vor der Eröffnung in São Paulo, für die sie ihren geplanten Auftritt abgesagt hat. Einfach so. Ihre Kollegen freilich werden auf der Bühne stehen, schließlich ist so eine WM auch für die Musikbranche ein einträgliches Geschäft. Die Kolumbianerin Shakira lernte bei den Aufnahmen zu ihrem WM-2010-Song sogar ihren Partner Gerard Piqué kennen und hat, weil alles so gut gelaufen ist, auch für Brasilien einen Song im Kasten. Nach "Waka Waka" kommt nun "La La La", auch nicht so schwer zu merken also. Doch die beste Begleitmusik ist ohnehin immer noch der Torjubel. Er wird die Probleme in Brasilien und der Fifa nicht übertönen. Aber er wird dennoch für unvergessliche Momente sorgen, denen sich kaum jemand entziehen kann. Auch Jennifer Lopez und der kritische Kollege werden das noch merken.