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Lieber Scholle als Schiller

Von Edwin Baumgartner

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Wo heute noch Kant und Dostojewski verkauft werden, wird es bald Kabeljau und Dorsch sein, Scholle wird angeboten werden statt Shakespeare, und von Schiller werden nur noch die Locken interessieren: Wenn am branchenintern geflüsterten Gerücht etwas dran sein sollte, wird die Buchhandlung am Schottentor einer Nordsee-Filiale weichen. Der schleichende Tod der Buchhandlungen hält an: Hier die Buchhandlung am Wallen-
steinplatz, dort der stadtnähere Hasbach-Laden, der immerhin einmal - als Buchhandlung - Kulisse eines Krimis war. Hat ihm nichts genützt, ist selbst zur Leiche geworden.

Die Bücher seien zu billig, klagen die Händler, und im Vergleich zu den Mieten im Preis zu wenig gestiegen. Die Spanne kann die Ausgaben nicht decken, das können sich nur Großkonzerne leisten, wie der Internet-Allesverkäufer Amazon, der Gottseibeiuns der Branche. Dann wären teure Bücher die Lösung des Problems? Wenn der Käufer überlegen muss, ob man sich das Buch wirklich noch leisten kann (und oft zum Schluss kommt: lieber nicht)?

Das Problem liegt wo anders: Amazon hat alles lagernd. In vier bis fünf Werktagen ist es, samt der CD und der Heckenschere, beim Käufer. Nicht Geiz ist geil, sondern Faulheit. Der Einkaufsbummel findet auf der Couch mit dem Finger auf der Maus statt.

Leider. Denn wer so einkauft, beraubt sich des Vergnügens, das Buch beim ersten Anblättern im Laden kennenzulernen, eine erste schüchterne Berührung mit dem Papier zu haben, einen ersten Blick auf die Buchstaben.

Kein noch so zartes Schollenfilet kann das ersetzen.