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Die Buchstaben des Lebens austauschen

Von Eva Stanzl

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Science Fiction wird Wirklichkeit. Erst Ende 2015 empfahlen Experten aus aller Welt, von der umstrittenen Keimbahn-Therapie Abstand zu nehmen. Niemand könne die Konsequenzen abschätzen, wenn DNA-Manipulationen weitervererbt werden, hieß es. Nun aber gibt es effizientere Technologien und ein Wettrennen darum, wer sie als Erstes anwenden darf. Somit empfiehlt eine Kommission der mächtigen US-Akademie der Wissenschaften, zu prüfen, ob schwere Erbkrankheiten durch Eingriffe in die Keimbahn eliminiert werden könnten. Wer einen scheußlichen Gendefekt trägt oder hat, will diese Last nicht an seine Kinder und Kindeskinder weitergeben, lautet das naheliegende Argument. Doch auch die Einwände leuchten ein. Kritiker warnen vor Mutationen, wenn wir das Erbgut neu zusammensetzen. Und sie befürchten eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der sich die Oberschicht biologische Vorteile erkauft und die Unterschicht so lebt wie heute, was künftig ein Nachteil sein werde.

Der Gesetzgeber muss den Kritikern unbedingt Rechnung tragen. Denn selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Gesellschaft sich nicht schaden will und mit der Keimbahn-Therapie richtig umgeht, muss daran erinnert werden, dass alles gemacht wird, was gemacht werden kann. Schon jetzt können zahlende Patienten sich bei der künstlichen Befruchtung Bub oder Mädchen wünschen. Und wenn eine Klinik "die besten Startbedingungen für Ihr Kind durch Gen-Veränderung" verspricht, werden sich Leute finden, die das Paket kaufen. Eine Liberalisierung der derzeit verbotenen Keimbahn-Therapie müsste streng geregelt sein.