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Unrecht statt mehr Gerechtigkeit

Von Christian Mayr

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Ein großes Wort wurde gelassen ausgesprochen: Gerechtigkeit. Nämlich mehr Gerechtigkeit. Das versprachen jedenfalls die Macher auf der großen Fußball-Weltbühne vom Videobeweis. Grobe Fehlpfiffe würden so ausgemerzt, schwer zu erkennende Unregelmäßigkeiten nicht mehr übersehen, dazu die Tücken des Abseits ausgehebelt. Nebenbei würden Schiedsrichter durch diese Assistenz geschützt und die unbefriedigenden Diskussionen nach Spielschluss ein Ende haben. Nun, nach etlichen Monaten Testphase lässt sich feststellen: All das ist nicht eingetreten. Die (beiden) Referees stehen noch mehr in der Kritik, die Diskussionen sind viel heftiger, und von mehr Gerechtigkeit auch keine Spur. Das Bittere ist, dass nach dem Chaos bei den Fifa-Turnieren (Klub-WM und Confed-Cup) die Hoffnung groß war, dass die Deutschen mit ihrer Gründlichkeit und Akribie dem Videobeweis zum Durchbruch verhelfen. Doch trotz einjähriger Vorbereitung im Offline-Betrieb gehen auch in der deutschen Bundesliga die Dinge schief. Größtes Opfer ist aktuell Schlusslicht Köln, das in zwei Spielen gleich drei Mal eklatant benachteiligt wurde, weil Referee und Video-Referee falsch entschieden haben. Und weil zugleich der Gegner bevorteilt wurde, schlug die angebliche Videobeweis-Gerechtigkeit in massives reales Unrecht um.

Für die Spieler am Platz ist so ein Ungleichgewicht ein mentaler Nackenschlag, der das Spiel zusätzlich beeinflussen kann. Und das Paradoxe an der ganzen Situation ist, dass nicht etwa die komplexe Video- und Computertechnik versagt, sondern der Mensch (=Schiedsrichter), der die Daten auswertet. Kommt einem irgendwie bekannt vor.