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Perfektion ist gar nicht erwünscht

Von Christian Mayr

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Dass nicht automatisch alles, was vom Weltfußballverband Fifa so daherkommt, ultimativ schlecht ist, beweist folgende Neuregelung: Wenn ein Match nach 90 Minuten in die Verlängerung geht, darf ein vierter Akteur eingewechselt werden. Ohne Zweifel ein Segen für die Spieler und das Spiel an sich, das dadurch vielleicht noch einmal einen Impuls bekommt - bei der WM in Russland wird man die Probe aufs Exempel machen. Noch zu früh für die bevorstehende Endrunde kommen andere Ideen aus der Fifa-Denkwerkstatt, auf die der Eingangssatz eher nicht zutrifft. So soll künftig der Abstoß nicht mehr aus dem Sechzehner gespielt werden müssen; so wie der zuletzt eingeführte Anstoß nach hinten eine völlig unnötige Novelle, die dem Spiel absolut nichts bringt, aber eine eingelernte Regel einfach abändert. Auch die von Fifa-Vize-Generalsekretär Zvonimir Boban angekündigte gelbe Karte für polternde Trainer ist eine Überflüssigkeit, die gestandene Schiedsrichter gar nicht nötig haben. Logischer erscheint indes der Plan, dass ausgewechselte Spieler an der nächstgelegenen Seitenlinie das Spielfeld zu verlassen haben, um Zeitschinderei zu unterbinden. Aber das sind eigentlich alles Peanuts im Vergleich zu der gewaltigen Regeländerung namens Videobeweis, die bei der WM über den Fußball hereinbrechen wird und - so viel darf prophezeit werden - dank seiner Unausgereiftheit für Schlagzeilen sorgen wird. Boban sieht das zwar anders ("Gab es anfangs einen klaren Schiedsrichter-Fehler in jedem dritten Spiel, ist es durch den Videobeweis nur noch einer in jedem 19. Spiel"), entlarvt sich aber in einem Nebensatz. Demnach könne es Perfektion nicht geben, und sie werde von der Fifa auch gar nicht angestrebt, so Boban. Dieser Logik folgend könnte man auch vieles beim Alten belassen - vor allem beim Videobeweis.