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Vom Keller in königliche Gemächer

Von Martyna Czarnowska

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Für Journalisten, die EU-Politikern zu deren Sitzungen nachreisen, ist Arbeiten bei Tageslicht keine Selbstverständlichkeit.


Meistens sind wir im Keller untergebracht. Oder im Container. Eine Kollegin hat schon einmal gemeint, dass, wenn es in einem Gebäude keinen Keller gäbe, einer ausgehoben werden würde für uns. Wir, das sind europäische Journalisten, darunter viele Brüssel-Korrespondenten, die den EU-Politikern zu ihren Sitzungen im jeweiligen Vorsitzland nachreisen.

Zwar finden so gut wie alle Räte, die Ministertreffen, in Brüssel und Luxemburg statt. Doch die informellen Zusammenkünfte, die in keinen Beschlüssen münden, aber die EU-Debatten manchmal ein Stück weiterbringen, gehen in dem Staat über die Bühne, der die Ratspräsidentschaft innehat. Und da in diesem Halbjahr Österreich diese Rolle übernommen hat, sollte auch die Bühne dementsprechend sein.

So haben wir es vom Keller in königliche Gemächer geschafft. Als diese Woche in Wien die Außenminister der Union tagten, war das Medienzentrum in der Hofburg untergebracht. In einem Seitentrakt zwar, aber immerhin: hohe Decken, Luster, Stuckarbeiten, Steinfußboden. Es gab Kaffee und sogar ein Buffet zu Mittag. Mehr brauchen wir auch nicht - abgesehen von genügend Sitzplätzen, Steckdosen und W-LAN, das nicht zusammenbricht, wenn dutzende bis hunderte Journalisten wie in einer Legebatterie nebeneinander hockend und auf ihren Tastaturen hämmernd ihre Artikel, Kurznachrichten und Fernsehberichte produzieren.

Meistens tun wir das eben im Keller. So sind etliche Konferenzzentren, in denen die Veranstaltungen stattfinden, nun einmal eingerichtet. Manche dieser Gebäude schauen wie riesige Container aus. So war es in Mailand. Die Stadt bereitete sich damals auf die Weltausstellung vor, die 2015 ausgerichtet wurde. Um in das Containergebäude zu gelangen, in dem die Finanzminister zusammenkamen, mussten etliche Baustellen überwunden werden.

In Vilnius wiederum waren die Container mitten im Nirgendwo aufgebaut, vielleicht zehn Kilometer außerhalb der litauischen Hauptstadt. Erreichbar waren sie nur mit Shuttlebussen.

Abwechslung ist allerdings nicht ausgeschlossen. Dann wollen sich die Länder von ihrer Schokoladenseite präsentieren. Wie in Wien zumindest beim Außenministertreffen. Die anderen Sitzungen finden nämlich jenseits der Donau, im Austria Center Vienna statt.

In Dublin tagten die Politiker immerhin auch in einem Schloss. Für die Medienleute wurde im Hof ein Zelt aufgebaut. Es war zugig und kalt. Aber wir waren froh über Tageslicht.

Das gab es auch in Sofia. Die Bulgaren haben den Staats- und Regierungschefs der EU - und den Journalisten - den Kulturpalast zur Verfügung gestellt, einen Prachtbau aus Beton und Glas, der sogar drei unterirdische Etagen hat. Wir durften aber oberirdisch arbeiten.

Die Letten wiederum hatten die neue Nationalbibliothek in Riga zum Sitzungsort auserkoren. Es ist ein imposantes Gebäude, das sich am Ufer der Daugava in den Himmel reckt. Wie eine Pyramide spitzt sich der "Palast des Lichts" nach oben hin zu, bis in den rundum verglasten zwölften Stock, der die Sicht auf alle Seiten der lettischen Hauptstadt freigibt. Bloß: Wir waren im Keller untergebracht.