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Die "Gelbwesten" erhöhen den Druck

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Inzwischen schließen sich Schüler und Studenten sowie die Landwirte der französischen Protestbewegung an.


Wien. Das "gelbe Fieber", das sich seit fast drei Wochen auf den Straßen Frankreichs ausbreitet mit Demonstrationen, Blockaden und teils gewaltsamen Ausschreitungen, hat nun auch die Schulen des Landes erfasst. Am gestrigen Donnerstag wurden rund 200 französische Mittelschulen und Gymnasien blockiert oder anderweitig gestört. Jugendliche zündeten Mülleimer an, warfen Knallkörper und errichteten Barrikaden vor den Eingängen.

Blockaden und Zusammenstöße

Sie springen damit auf die Bewegung der "Gelbwesten" auf, die Frankreich derzeit in Atem hält, obwohl ihre Anliegen nicht dieselben sind. Während die "Gelbwesten" in erster Linie gegen steigende Spritpreise und zu hohe Lebenshaltungskosten protestieren, fordern die Schüler die Rücknahme der jüngsten Bildungsreformen und der neuen Zulassungsregeln zu den Universitäten.

Besonders angespannt war die Lage vor einer Schule in Mantes-la-Jolie bei Paris, wo nach dem Brand zweier Autos und Zusammenstößen mit der Polizei 146 Personen in Untersuchungshaft kamen. Auch einige Universitäten wurden blockiert. In der Hochschulwelt empört die Erhöhung der Studiengebühren für Studenten aus dem nicht-europäischen Ausland um ein Vielfaches, welche vor allem Afrikaner besonders hart treffen.

Während die sieben größten Gewerkschaften auf eine gemeinsame Aktion verzichten und geschlossen "einen klaren Appell zur Ruhe" veröffentlichten, kündigten auch die Straßen-Transportunternehmen sowie der Bauernverband Proteste an, um ihrerseits den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Die Landwirte beklagen zu hohe Steuern und die Pläne, ein Gesetz zu verschieben, das die Erhöhung der Mindestpreise für Nahrungsmittel sowie die Einschränkung von Rabattaktionen der Supermarktketten vorsieht. Damit will die Regierung wiederum den "Gelbwesten" entgegenkommen, um deren Geldbeutel zu schonen. An diesem Konflikt zeigt sich die Schwierigkeit, die Protestwelle noch einzudämmen. Dies hatte Frankreichs Premierminister Édouard Philippe bereits am Dienstag versucht, indem er die für Jänner geplanten Steuererhöhungen auf Diesel und Benzin gestrichen hat.

Erst hieß es, man setze die Ökosteuer sechs Monate lang aus, inzwischen wurde sie für das komplette Jahr gestrichen. Weitere Zugeständnisse waren der Verzicht auf eine Verschärfung der TÜV-Regeln und auf eine Erhöhung der Gas- und Strompreise bis Mai. So sollten die Gemüter beruhigt werden. Doch das dürfte misslingen. Die "Gelbwesten" haben die Maßnahmen für unzureichend erklärt, obwohl sie ihren ursprünglichen Forderungen entsprechen. Inzwischen verlangen sie eine Generalüberholung der Steuerpolitik sowie eine Wiedereinführung der Reichensteuer. So kündigten sie über die sozialen Netzwerke für Samstag neue Aktionen im ganzen Land an. In Paris wollen die Demonstranten nicht nur erneut auf die Champs-Élysées ziehen, sondern auch zum Élysée-Palast vordringen.

Insgesamt starben drei Menschen bei Verkehrsunfällen durch Straßenblockaden, hunderte wurden verletzt. Geschäfte und Restaurants melden massive Umsatzeinbrüche und Hotels viele Stornierungen angesichts der Gewaltszenen, brennenden Autos und Gebäuden. Das Innenministerium hat angekündigt, das bisherige Aufgebot von Sicherheitskräften von landesweit 65.000 Leuten noch zu verstärken.

Fußballspiele abgesagt

Die französischen Behörden haben in ihrem Bemühen, Krawalle zu vermeiden, einige Fußballspiele abgesagt. So wird das Duell der AS St. Etienne und Olympique Marseille am Sonntag nicht stattfinden. Die Schlager zwischen Meister Paris Saint-Germain und Montpellier sowie das Duell von FC Toulouse mit Olympique Lyon entfallen ebenfalls.