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Wenigstens in Geldfragen einig

Politik

Österreich und Deutschland vertreten im Zwist um den EU-Haushalt ähnliche Positionen. Doch beim Berlin-Besuch von Bundeskanzler Kurz wurden auch Differenzen hörbar.


Wenn es um Budgetverhandlungen geht, reichen schon zwei Parteien, um in Streit zu geraten. Wenn aber 27 Parteien um den Tisch sitzen, wird der Zwist noch heftiger. Das ist jetzt erneut der Fall in der EU - dabei haben die Gespräche über den künftigen gemeinsamen Haushalt noch nicht einmal richtig begonnen. Es liegt erst ein Entwurf der EU-Kommission vor, der eine Erhöhung der Mittel vorsieht, und die Forderung des EU-Parlaments nach noch mehr Geld für die Union. Verhandelt wird um Ausgaben in der Höhe von etwa einer Billion Euro, um den Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027.

Dass eine Einigung darauf zu den derzeit drängendsten Themen für die Gemeinschaft zähle, betonten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Amtskollege Sebastian Kurz in Berlin, wo der Österreicher einen zweitägigen Antrittsbesuch absolviert. Und sie stehen im Budgetstreit auf einer Seite. "Wir sitzen hier im selben Boot", erklärte Kurz bei einem gemeinsamen Presseauftritt am Montag.

Für ihn ist der aktuelle Vorschlag der Kommission "zu hoch". Daher hat der Österreicher schon mit einem Veto seines Landes gedroht. Ob Deutschland ebenfalls so weit gehen würde, wollte Merkel nicht direkt beantworten. Sie wies zwar darauf hin, dass der Beschluss über das Budget einstimmig fallen müsse. Doch sei am Ende Kompromissbereitschaft nötig.

Kompromiss gesucht

Die Positionen Wiens und Berlins sind in der Debatte jedenfalls ähnlich. Die zwei Nachbarstaaten sind beide Nettozahler, tragen also mehr zum gemeinsamen Haushalt bei, als sie daraus erhalten. An Erhöhungen ihrer Zahlungen sind sie daher wenig interessiert. Kurz zählt außerdem auf die Unterstützung von Ländern wie Dänemark, Schweden und den Niederlanden, wie er in Interviews betont.

Auf der anderen Seite aber stehen Staaten, die besonders stark von den EU-Fördertöpfen profitieren, allen voran Polen. Doch nicht nur Osteuropäer sprechen sich gegen Kürzungen bei Infrastrukturprojekten aus. Auch südeuropäische Mitglieder haben Einwände. Umgekehrt pocht etwa Frankreich auf Finanzhilfen für die Landwirtschaft - worauf übrigens auch Österreich nicht verzichten will.

Kurz wird die Wiener Position schon am Mittwoch Ratspräsident Charles Michel erklären können. Dieser hat für den Tag auch Treffen mit den Premierministern von Schweden, Portugal und den Niederlanden angesetzt. Für die gesamte Woche hat Michel Zusammenkünfte mit den Regierungschefs der EU-Staaten vorgesehen - beinahe im Stundentakt.

Für den 20. Februar hat er nämlich einen Sondergipfel einberufen, bei dem ein Kompromiss für den künftigen Haushaltsrahmen gefunden werden soll. Bis dahin muss der Belgier freilich noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Denn Wien und Berlin werden nicht die Einzigen sein, die hart verhandeln, wie sie es angekündigt haben.

Tauziehen um "Sophia"

So einmütig sich Merkel und Kurz in Berlin zum Thema Budget gaben, sorgt eine andere Debatte aber für Differenzen: die um den Neustart der Mittelmeer-Mission "Sophia". Österreich spricht sich gegen eine Wiederaufnahme der Operation aus, die unter anderem zur Überwachung des Waffenembargos in Libyen dienen soll. Die Schiffe retten aber auch in Seenot geratene Migranten.

Dass dies jedoch erst recht dazu führe, dass mehr Menschen die Überfahrt wagen, betont Kurz immer wieder. Durch "Rettungsaktionen im Mittelmeer hat das Sterben im Mittelmeer" nicht beendet werden können, sagte er in Berlin. Dabei ist die EU seit April des Vorjahres nicht mehr mit Schiffen im Rahmen von "Sophia" im Einsatz, sondern beschränkt sich nur noch auf die Ausbildung der libyschen Küstenwache.

Etliche Staaten plädieren aber für eine Wiederbelebung der EU-Operation. Merkel widersprach Kurz nach ihrer Zusammenkunft denn auch. "Ich glaube, dass es besser ist, eine staatliche Mission zu haben" als private Schiffe, mit denen Menschen aus Seenot gerettet werden.

Auch innerhalb Österreichs gibt es unterschiedliche Meinungen dazu. Denn die Grünen, die nun mit der Volkspartei die Regierungskoalition bilden, haben die Seenotrettung immer unterstützt. In der Frage des EU-Budgets waren sie ebenfalls lange Zeit für höhere Ausgaben eingetreten.

Solche Forderungen kommen weiterhin aus dem Europäischen Parlament. Doch in Wien hat sich der grüne Bündnispartner bisher mit lauter Kritik an der Haltung der türkisen Politiker zurückgehalten.(czar)