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Verbot für Verbrennungsmotoren ab 2035 sorgt für Unmut

Von WZ-Korrespondent Andreas Lieb

Politik

Heftige Diskussion im EU-Parlament. Konservative feilen bis zuletzt an ihrer Haltung.


Straßburg. Im EU-Parlament in Straßburg hat eine besonders arbeitsintensive Woche begonnen, die gleich zum Auftakt mit Erfolgsmeldungen aufwarten konnte. In den so genannten Trilogen kam es in der Nacht auf Dienstag zu finalen Einigungen bei zwei lange verhandelten Themen. Zum einen wurden einheitliche Standards für Mindestlöhne in der EU beschlossen, von denen mehr als 25 Millionen Menschen profitieren. Zum anderen kam die Regelung für einheitliche Ladestecker unter Dach und Fach - ab Mitte 2024 sollen alle Geräte über eine USB-C-Buchse verfügen.

Generalthema der Woche ist ohnehin der Klimawandel, genauer gesagt das ambitionierte Kommissionsprogramm "FitFor55". Mit dem Paket will die EU klimaschädliche Treibhausgase bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent reduzieren sowie bis 2050 klimaneutral werden. Abgestimmt wird über acht verschiedene Gesetzesentwürfe, darunter finden sich eine Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Luft- und Schifffahrt, ein Grenzausgleichsmechanismus, die Lastenteilung, Landnutzung, ein Klima-Sozialfonds und CO2-Normen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Gerade der letzte Punkt ist bis zum letzten Augenblick umstritten, der Ausgang der Abstimmung unklar. Die Kommission will ein generelles Verbot von Verbrennungsmotoren bei Pkw ab 2035, das erregt auf mehreren Ebenen Unmut.

"Fridays for Hubraum"

Der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz berichtete von massenhaften Mails diverser Lobby-Gruppen, in denen aber oft die gleichen Textbausteine erkennbar seien. Für Waitz "eine konzertierte Aktion". Es habe sich unter anderem ein Oldtimer-Club gemeldet, der durch den Batteriebedarf die wachsende Abhängigkeit von totalitären Staaten kritisiere. "Dabei geht es ja nur um Neuwagen ab 2035. Und sind wir etwa bei fossilen Treibstoffen nicht abhängig?", meint Waitz. Eine andere Gruppe nenne sich gar "Fridays for Hubraum".

Die Grünen werden zustimmen, auch wenn sie einige der Vorschläge nur mit Zähneknirschen akzeptieren können - etwa Ausnahmen für Fahrzeughersteller mit kleiner Produktion, sprich Luxusmarken.

Scharfe Kritik an den in letzter Sekunde einlangenden Änderungsanträgen kommt auch von der Neos-Abgeordneten Claudia Gamon, die für ein "FitFor55"-Paket plädiert, das seinen Namen - der sich von der CO2-Reduktion um 55 Prozent bis 2030 herleitet - zu Recht habe. Alles klar ist bei SPÖ und FPÖ: Die Sozialdemokraten wollen alle acht Pakete dieser Woche unterstützen, die Freiheitlichen tun das Gegenteil. Ein Aus für den Verbrennungsmotor führe zur Verteuerung von Autos, was Geringverdiener und Menschen am Land besonders treffe, sagte FPÖ-Abgeordneter Roman Haider. Die Batterieproduktion sei um ein Vielfaches umweltschädlicher als moderne Verbrennungsmotoren. Außerdem mache sich die EU so bei Batterien von China und Russland abhängig.

Interessant wird die Abstimmung, weil die Konservativen noch an ihrer Haltung feilen. ÖVP-Verkehrssprecherin Barbara Thaler setzte sich federführend für einen Änderungsantrag des Transportausschusses ein, wonach nachhaltig in Europa hergestellte Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe als klimaneutral zu klassifizieren wären. Sollte dieser Vorschlag durchgehen, wäre ein Verbrennerverbot hinfällig, heißt es aus der ÖVP.

Deren EU-Mandatar Alexander Bernhuber etwa mahnt "mehr Flexibilität" ein. Die Pläne müssten auch umsetzbar sein, sonst hätte das Ziel keinen Sinn: "Heute ist die Rede von Blackouts bei der Stromversorgung, aber in 13 Jahren wollen wir das Aus für den Verbrenner." Vorstellbar sei etwa, statt ein völliges Ende der Verbrenner zunächst einmal 90 Prozent anzupeilen. Auch seine Parteikollegin Simone Schmiedtbauer plädiert für mehr Zeit für endgültige Entscheidungen.