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Zuckerbrot und Peitsche für Minsk und Kiew

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Politik

Weißrussen sagten Teilnahme kurzfristig ab. | Abkommen mit Ukraine hängt an Timoschenko.


Warschau/Brüssel. Erwartungsgemäß schwierig verlief das EU-Gipfeltreffen mit den Staats- und Regierungschefs der sogenannten Östlichen Partnerschaft am Freitag. Überschattet wurde die Zusammenkunft vom Streit mit Weißrussland und der Ukraine. Zu einem Eklat kam es, als Minsk seine Teilnahme gleich ganz absagte. Hintergrund könnten persönliche Gespräche der EU-Spitzen mit weißrussischen Oppositionellen gewesen sein.

Der Regierungschef des amtierenden EU-Vorsitzlandes Polen, Donald Tusk, stellte Minsk schließlich ein umfassendes Hilfspaket im Wert von "mehreren Milliarden Euro" unter strengen Bedingungen in Aussicht. Ohne deutliche Fortschritte in Richtung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gebe es keine EU-Hilfen, hieß es sinngemäß.

In abgeschwächter Form agierten die EU-Vertreter auch gegenüber der Ukraine nach dem Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche": Ein umfassendes Assoziierungs- und Freihandelsabkommen könne bis Jahresende abgeschlossen werden, meinten Tusk und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Dafür müssten aber rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden. Dieser Hinweis gilt vor allem dem Prozess gegen Ex- Premierministerin Julia Timoschenko wegen angeblichen Amtsmissbrauchs, den die EU als politischen Schachzug des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch betrachtet. In den Gipfelbeschlüssen wurde vorsichtshalber kein Zieldatum für den Verhandlungsabschluss vermerkt.

Keine EU-Perspektive

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Sollte die Östliche Partnerschaft, die auf einem polnisch-schwedischen Konzept beruht, die Nachbarländer näher an die EU und ihre Werte führen, so sieht es zwei Jahre nach der Gründung eher trist aus. Vor allem das Regime in Minsk macht den EU-Politikern Sorgen: "Derzeit müssen wir in Weißrussland eher Rückschritte konstatieren. Ich bin nicht sehr optimistisch", sagte etwa die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine Verschärfung der Sanktionen wird geprüft.

In der Abschlusserklärung des Ostgipfels wird der Machthaber Alexander Lukaschenko aufgefordert, umgehend alle politischen Gefangenen freizulassen und zu rehabilitieren. Zudem müssten bei Wahlen endlich internationale Standards eingehalten werden.

Vorangegangen waren der EU-Standpauke für das Lukaschenko-Regime Auseinandersetzungen um die Einladungspolitik. Weil für den Autokraten EU-Einreiseverbot gilt, war nur Außenminister Sergej Martynow eingeladen worden. Lukaschenko schlug dies aus und kündigte die Teilnahme seines Botschafters in Warschau an. Im letzten Moment meldete sich auch der ab, da er an einer vertraulichen EU-Sitzung nicht hatte teilnehmen dürfen.

Wenig überraschend war, dass vor diesem Hintergrund selbst eine langfristige Aussicht auf einen EU-Beitritt für östliche Partner kein Thema mehr war. "Georgien, Moldawien und die Ukraine hatten sich größere Hoffnungen auf eine klare Beitrittsperspektive gemacht", sagte Tusk, der dieses Signal ursprünglich selbst aussenden wollte. "Doch dafür sind die Voraussetzungen im Moment nicht gegeben."

Positive Signale gab es immerhin für Georgien und Moldawien. Den beiden Ländern wurde die Aufnahme von Verhandlungen über Annäherungsabkommen vor Jahresende in Aussicht gestellt. Weitere Mitglieder der Ostpartnerschaft sind Armenien und Aserbaidschan.