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Bayerns CSU sieht rot

Von WZ-Korrespondentin Martina Pock

Politik

SPD-Politiker Ude gibt sich volksnah, das bringt ihm viel Sympathie ein.


München. Journalisten und Kabarettisten sind wohl die von Politikern am meisten gefürchteten Berufsgruppen. Der langjährige Oberbürgermeister von München, Christian Ude, hingegen vereint gleich alle drei in einer Person. Ude schreibt regelmäßig Kolumnen im Münchner "Merkur" und in der "Abendzeitung". Er ist Autor und tritt gemeinsam mit seinem Double Uli Bauer als Kabarettist auf. Möglicherweise liegt genau darin das Erfolgsrezept des SPD-Politikers. Denn seit Ude seine Kandidatur für die Landtagswahl 2013 im Freistaat Bayern verkündete, steigen seine Beliebtheitswerte immer weiter in die Höhe. Und das in dem wohl traditionellsten und konservativsten aller 16 Bundesländer Deutschlands, in dem die CSU zur Politik gehört wie die Brezen zur Weißwurst.

Der Kampf um den höchsten Posten im Land hat längst begonnen. Die CSU mit ihrem Gegenkandidaten und amtierenden Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist seit Monaten bemüht, die immer größer werdende Popularität von Christian Ude demonstrativ zu ignorieren. Doch gewisse Zweifel darüber, dass der Unionspartei der Posten des Ministerpräsidenten sicher ist, lassen sich nicht leugnen. So betonte Seehofer diese Woche, dass er im Fall einer Niederlage 2013 auch als Oppositionspolitiker weitermachen werde. Dass Ude mittlerweile zu einem Gegner auf Augenhöhe geworden ist, zeigen die Umfragen: Seine Sympathiewerte sind höher als die von Seehofer.

Dass die SPD in Bayern mittlerweile ihre politische Nischen-Position verlassen hat, demonstrierte die Partei nicht zuletzt am politischen Aschermittwoch am 22. Februar dieses Jahres. Seit jeher diente dieser Event der CSU dazu, ihre Dominanz im Freistaat zu präsentieren. Doch in diesem Jahr pilgerten erstmals beinahe genauso viele Menschen zu der Veranstaltung der SPD nach Vilshofen in Passau, wie zur CSU. Als Ude dann das Podium in Passau betrat und eine Rede vor tausenden begeisterten Anhängern hielt, wurde diese immer wieder durch "Ude, Ude, Ude"-Sprechchöre unterbrochen. Die Rührung über seinen Zuspruch war dem 65-jährigen Politiker sichtlich anzusehen. Nichtsdestotrotz sparte Ude nicht mit Kritik an seinem Gegner und bezeichnete das Vorhaben der CSU, die gesamten Schulden des Freistaats bis 2030 abbauen zu wollen, als "karnevalesk". Der Mann mit dem Oberlippenbart, besten Verbindungen zur Schickeria und dem äußerst trockenen Humor weiß, wie er die Masse bei Laune halten muss, und ist ein wahrer Sympathieträger. Weitaus weniger verstaubt als seine Kollegen der CSU, aber dennoch ganz ohne das Arbeiterkind-Image, mit dem in der Sozialdemokratie, vor allem hierzulande, so gerne geworben wird.

Bekennender Schwabinger

Ude steht zu seiner Herkunft aus einer linksliberalen Mittelschichtfamilie. Er wuchs im Nobelbezirk Schwabing auf, wo er auch noch heute mit seiner Frau Edith und den sechs Kindern, die sie in die Ehe mitbrachte, wohnt. Er sei "mit jeder Faser Schwabinger", betont er gerne. Hierzulande wäre ein derartiges Sympathiebekenntnis eines Sozialdemokraten gegenüber einem Stadtbezirk mit sehr hohem Durchschnittseinkommen mehr als verpönt. Während Wiens Bürgermeister Michael Häupl immer wieder auf seinen Hauptwohnsitz im migrations-starken Bezirk Ottakring hinweist, kann Ude getrost in aller Öffentlichkeit seine Liebe zum Münchner "Schickeria"-Bezirk aussprechen. In München nimmt ihm das niemand übel. München ist keine Arbeiterstadt, in München regiert das Bürgertum.

Ude trifft mit seiner Facon genau den Puls der Zeit. Mit Edmund Stoiber hatte Bayern vierzehn Jahre lang einen Ministerpräsidenten, der den Inbegriff des Konservativen verkörperte. Seehofer erscheint etwas moderner, schlägt mit seiner Politik jedoch in dieselbe Kerbe wie sein Vorgänger.

Feindbild FDP

Ude ist anders und verkörpert einen für Bayern neuen Politikertypus. Er ist auch willens, mit anderen Parteien wie den Grünen oder den Freien Wählern zu koalieren. Nur nicht mit der FDP, "weil die heutige FDP nur noch marktradikal ist". Für eine absolute Mehrheit würde laut Umfragen auch schon eine Koalition mit den Grünen und den Freien Wählern reichen. Doch eine Zusammenarbeit mit der Ökopartei könnte durch einige Meinungsverschiedenheiten erschwert werden. So handelte sich der Oberbürgermeister unter anderem mit seinem Einsatz für eine dritte Start- und Landebahn auf dem Münchner Flughafen harsche Kritik ein. Dass das milliardenschwere Mammutprojekt nun per Bürgerentscheid abgeschmettert wurde, wurde von den Grünen mit entsprechender Genugtuung gefeiert. Für Ude war es sein bisher größter politischer Flop. Sowohl seine eigene Partei als auch die Grünen stehen Großprojekten ablehnend gegenüber. So fand auch Udes ungewöhnliche Idee, eine Straßenbahnstrecke durch den Englischen Garten bauen zu lassen, keine Befürworter.

Im Wahlkampf setzt Ude aber vor allem auf gewohnt sozialdemokratische Themen, wie mit dem Ausbau der S-Bahn-Strecken oder der Forderung nach mehr Kinderbetreuungsstätten. In diesem Bereich ist Bayern im Vergleich mit den übrigen 15 Bundesländern eines der drei Schlusslichter.

Besondere Popularität brachte Ude die Forderung nach Abschaffung von Studiengebühren in Bayern ein. "Es wird die erste Handlung einer von mir geführten Landesregierung sein, dass die Studiengebühren wie in allen andern sozialdemokratischen Bundesländern auch wieder abgeschafft werden", versprach Ude. Populär gemacht hat den Sozialdemokraten, der Bayerns Hauptstadt seit 19 Jahren regiert, vor allem seine Teilnahme bei fast allen wichtigen Münchner Volksfesten. Hier liegen die Stärken des Christian Ude - in seiner Volksnähe. Eine Eigenschaft, die ihm mitunter den Beinamen "Bierzeltheld" einbrachte.