Zum Hauptinhalt springen

Schwere Vorwürfe gegen EU-Amt für Betrugsbekämpfung

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Parlament beschuldigt Olaf, eigene Ermittlungen manipuliert zu haben.


Brüssel. Meist ist es sie, die Amtsmissbrauch und Korruption anprangert. Doch nun gerät die EU-Behörde zur Betrugsbekämpfung, Olaf, selbst unter Druck. Im EU-Parlament hagelt es Vorwürfe, das Amt habe seine eigenen Ermittlungen manipuliert. In der Europäischen Volkspartei (EVP), der größten Fraktion im Abgeordnetenhaus, wurde sogar der Rücktritt von Olaf-Generaldirektor Giovanni Kessler gefordert.

Illegale Mitschnitte von Telefonaten, Verleitung zu Falschaussagen, Interessenskonflikte: All dessen wird Olaf beschuldigt. Es geht dabei um einen Fall, der bereits vor einem knappen halben Jahr zum Rücktritt eines Spitzenpolitikers geführt hatte: EU-Gesundheitskommissar John Dalli musste sein Amt niederlegen. Er stand im Verdacht, gewusst zu haben, dass ein Geschäftsmann seine Kontakte zum Kommissar verkaufen wollte: Der maltesische Unternehmer habe dem schwedischen Tabakkonzern Swedish Match angeboten, gegen Geld Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess zu nehmen. Die Kommission arbeitete damals an einer Verschärfung der Tabakgesetze. Die Schweden legten Beschwerde ein, Olaf wurde aktiv.

Doch bei der Untersuchung ging es nicht mit rechten Dingen zu, befinden nicht nur die Konservativen im EU-Parlament. Auch die Grünen übten Kritik. Jose Bove wies darauf hin, dass bestimmte Treffen, die Dalli zu Lasten gelegt wurden, gar nicht stattgefunden hätten. Olaf habe aber Vertreter von Swedish Match zu falschen Aussagen vor dem Parlament veranlasst.

Hinzu kommt Verwirrung um Mitschnitte von Telefonaten. Einige sollen ohne richterlichen Beschluss erfolgt und verwertet worden sein; selbst Dritte sollen dazu angestiftet worden sein. Die Details der Olaf-Untersuchung sind jedenfalls nicht bekannt - die Behörde verweist auf ihre Geheimhaltungspflicht, solange die maltesischen Behörden ihre eigenen Ermittlungen durchführen.

Damit finden die Vorwürfe aber noch kein Ende. Herbert Bösch, der an der Einrichtung von Olaf beteiligt war und nun Mitglied des Überwachungsausschusses für die Behörde ist, räumte ein, dass das Amt Grundrechte verletzen könnte. So könnte es zu Interessenskonflikten kommen, wenn der Generaldirektor selbst Untersuchungen leitet.

All das führte die EVP-Abgeordnete Inge Gräßle bei einer Debatte im Haushaltskontrollausschuss zu der Frage, ob die EU-Behörde "völlig losgelöst von Raum und Zeit operiert". Sie verlangt den Rücktritt von Olaf-Generaldirektor Kessler. Die Grünen wiederum wünschen die Einrichtung eines Sonderausschusses im EU-Parlament, der die Hintergründe des Lobbying-Skandals aufklären soll.

Allerdings wurde bisher weder der Bericht von Olaf noch jener des Überwachungsausschusses veröffentlicht. In der Zwischenzeit weist die Behörde zur Betrugsbekämpfung alle Vorwürfe zurück.