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Liberale und Labour für Verbleib in der EU

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Für 2015 bahnt sich ein linksliberales, pro-europäisches Bündnis auf der Insel an.


London. Weder die Labour Party noch die britischen Liberalen wollen sich für die Zeit nach den nächsten Unterhaus-Wahlen auf ein EU-Referendum verpflichten lassen - im Gegensatz zu David Camerons Konservativen. Nach den Liberalen macht sich nun auch die Labour Party für den weiteren Verbleib Britanniens in der Europäischen Union stark.

Beide Parteien sehen nicht die Notwendigkeit für einen britischen EU-Austritt oder auch nur für ein Referendum zu dieser Frage. Tory-Parteichef David Cameron hat dagegen für den Fall eines konservativen Wahlsiegs im nächsten Jahr eine entsprechende Volksabstimmung vor Ende 2017 fest versprochen.

Cameron will seinen Landsleuten zu diesem Zeitpunkt Gelegenheit zum Austritt geben, falls die EU bis dahin London keinen neuen Vertrag über eine Sonderrolle Großbritanniens in der Union zugestanden hat. Ukip, die Unabhängigkeits-Partei des Vereinigten Königreichs, verlangt ohnedies einen EU-Austritt der Insel, ohne Wenn und Aber. Aus Sicht der Ukip und auch vieler Tory-Abgeordneter läge das Ausscheiden Britanniens aus einer "immer stärker integrierten" EU im eigenen, im britischen Interesse. Diese Überzeugung teilt offenbar auch ein Gutteil der britischen Bevölkerung.

Dagegen betonte Labour-Chef und Oppositionsführer Ed Miliband am Mittwoch in einer Grundsatzrede zu Europa seinen "starken Glauben an Britanniens Zukunft in der Europäischen Union". Nur falls die EU von London die Übertragung weiterer Kompetenzen verlange, soll Miliband zufolge die britische Bevölkerung befragt werden - und zwar nicht nur über die betreffende erneute Übertragung nationaler Souveränität, sondern ganz generell über Verbleib in oder Austritt aus der EU.

Mit dieser neuen Position ist Labour weiter gegangen als bisher. Ein "In-or-Out"-Referendum, wie es die Cameron-Partei bereits garantiert, war bisher im Oppositionslager gar nicht vorgesehen. Die Kursänderung Labours nimmt Rücksicht auf die starken Ressentiments gegen die EU in Großbritannien und auf die jüngsten Erfolge Ukips. Labour will sich nicht als die Partei bezeichnen lassen, die den Wählern ein Austritts-Referendum vorenthalten will.

Allerdings glaubt Miliband nicht, dass ein solches Referendum in der nächsten Legislaturperiode, zwischen 2015 und 2020, erforderlich wird. Der Labour-Chef geht davon aus, dass sich gewisse "nötige Reformen" der EU, wie etwa eine bessere Regelung der Migration innerhalb der EU, ohne große Vertragsänderung vereinbaren lassen.

Entzweit über Rolle in EU

Genauso argumentieren die Liberaldemokraten, die zurzeit noch zusammen mit Camerons Konservativen die Regierung stellen. Beobachter in London glauben, dass hier fürs kommende Jahr einem linksliberalen Regierungsbündnis, einem "Lib-Lab-Pakt", der Boden bereitet wird.

Tory-Regierungschef Cameron hat unterdessen den Labour-Leuten vorgeworfen, den Wählern jegliche Selbstbestimmung in der EU-Frage zu verweigern. "Wer Miliband bekommt, bekommt kein Referendum, hat also auch keine echte Wahl", sagte Cameron am Mittwoch. Britische Wirtschaftsverbände wie der Unternehmerverband CBI zeigten sich andererseits zufrieden mit der Labour-Position. Vor allem müsse vermieden werden, "zu viel Unruhe" zu schaffen, meinte ein CBI-Sprecher. Britannien gehöre in die EU.

Vierzehn Monate vor den nächsten Parlamentswahlen weisen die Meinungsumfragen noch keine klare Mehrheit für eine der beiden großen Parteien aus. Labour führt laut ICM-Institut mit 38 Prozent knapp vor den Konservativen, die auf 35 Prozent kommen. Den Liberaldemokraten werden 12 Prozent, Ukip 9 Prozent zugesprochen.

Bei den Wahlen zum Europa-Parlament in diesem Mai dürfte Ukip allerdings weit besser abschneiden. Die Protest-Partei unter ihrem Vorsitzenden Nigel Farage könnte ohne Weiteres Liberale und Konservative überflügeln und Cameron im eigenen Lager in Bedrängnis bringen.