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Versöhnung mit der großen Schwester

Von Christine Zeiner

Politik

CSU-Chef Horst Seehofer gab sich beim CDU-Parteitag streichelweich.


Karlsruhe. Horst Seehofer zeigt sich zahm und zufrieden. Der für seine polternde Art bekannte CSU-Chef ist am Dienstag als Gastredner nach Karlsruhe zum Parteitag der Christdemokraten gekommen. Die große Schwester hatte sich tags zuvor dafür ausgesprochen, die Flüchtlingszahlen deutlich zu reduzieren: Geht es nach den Konservativen, sollen zum einen mehr Menschen abgeschoben werden, "aber mit freundlichem Gesicht", wie CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte. Zum anderen setzt die CDU auf internationale Maßnahmen und finanzielle Unterstützung vor allem für die Türkei.

Sollten sich "Größe und Geschwindigkeit" der Flüchtlingszahlen nicht ändern, könne das auch das reiche Deutschland "nicht verkraften", sagte Seehofer in seiner Rede. Deshalb sei er, "liebe Angela", sehr froh, dass dies nun auch so im Leitantrag der CDU stehe. Ende November hatte die CSU in München einen Antrag der Parteispitze verabschiedet, in dem für das nächste Jahr ein Kontingent für Bürgerkriegsflüchtlinge "entsprechend ihrer leistbaren Kapazität" gefordert wird" - eine Obergrenze also, ohne zunächst eine konkrete Zahl zu nennen. Merkel war auf diese Forderung in ihrer 20-minütigen Rede nicht eingegangen. Seehofer strafte darauf den mächtigen Gast aus Berlin ab und ließ Merkel knapp 15 Minuten lang neben sich auf der Bühne stehen, während er sie belehrte.

Kampf gegen "rechte Dumpfbacken"

Wenig überraschend verhielt sich die CDU nicht ebenbürtig. "Grüß Gott. Und Danke - für meine Verhältnisse ist das ein sehr freundlicher Empfang", begann Seehofer am Dienstag. Die Stimmung war locker. Und dass Seehofer in der Flüchtlingspolitik als Hardliner gilt, der mit Sprüchen wie "Wer betrügt, fliegt" bei Wählern punkten will, hätte man zunächst kaum gemerkt. "Die rechten Dumpfbacken bekämpft man nicht mit ebenso dumpfen Parolen, sondern, indem man die Anliegen und Probleme der Bevölkerung löst", sagte Seehofer. Und in der Flüchtlingsfrage gebe es keine Schwarz-Weiß-Antworten.

Bayern sei ein weltoffener Staat wie die Bundesrepublik. "Von Abschottung halten wir gar nichts, das haben wir auch nie betrieben." Noch vor wenigen Wochen allerdings ist die CSU vehement dafür eingetreten, sogenannte "Transitzonen" zu schaffen. Kanzlerin Merkel verwies darauf, dass man die Grenzen weder schließen noch lückenlos bewachen kann. Auch die SPD lehnte die CSU-Forderung ab. Transitzonen seien, so SPD-Chef Sigmar Gabriel, "riesige Haftanstalten, weder organisatorisch durchführbar noch rechtlich darstellbar". Man einigte sich schließlich darauf, drei bis fünf Sonderaufnahme-Einrichtungen zu schaffen, in denen es "beschleunigte Asylverfahren" geben soll. Das betrifft in erster Linie Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, wozu etwa Albanien, Serbien und Bosnien zählen.

Es gibt "keinen Grund", den Balkan zu verlassen

Menschen vom Balkan hätten eben keine Bleibeperspektive, verkündete Seehofer. "Das war im Kern eine Obergrenze, nämlich null." Er wisse von den betreffenden Regierungen persönlich, dass es keinen Grund gebe, den Balkan zu verlassen. "Es ist meine Überzeugung, dass es ohne Begrenzung, Rückführung oder Kontingentierung nicht gelingen wird, das Problem klug zu lösen." Seehofer wisse genau, was "die Bevölkerung" wolle: Deutschland müsse die Flüchtlingszahlen "spürbar reduzieren".