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Vom "Fernsehprediger" zum Brückenbauer

Von WZ-Korrespondent Manuel Meyer

Politik

Konservativer Marcelo Rebelo de Sousa wird Portugals neuer Staatspräsident.


Madrid/Lissabon. Marcelo Rebelo de Sousa ist selbstbewusst. Der 67-jährige Jusprofessor hielt es im Wahlkampf zu den Präsidentschaftswahlen nicht einmal für nötig, Plakate von sich drucken zu lassen. Gerade einmal 157.000 Euro steckte er in die Kampagne. Er verzichtete sogar darauf, für seine konservativ-bürgerlichen Sozialdemokraten (PSD) an den Start zu gehen, obwohl diese ihn natürlich unterstützten. Er präsentierte sich den Portugiesen lieber als unabhängiger Kandidat der "linken Rechten".

Das Wahlergebnis befreit den hageren, stets lächelnden Verfassungsrechtler von Befürchtungen über Größenwahn. Der wortgewandte, charismatische Rebelo de Sousa, der von vielen nur der "Professor" genannt wird, konnte die Präsidentenwahl am Sonntag mit 52 Prozent der Stimmen gleich im ersten Anlauf für sich entscheiden.

Kommunikationswissenschafterin Rita Figueiras von der Katholischen Universität in Lissabon wundert das wenig: "Kaum jemand hat solch einen Medieneinfluss wie Rebelo de Sousa. Neben seiner Tätigkeit als Politiker und Jusprofessor gehört er auch zu den einflussreichsten und beliebtesten Journalisten des Landes."

Noch vor der Nelkenrevolution trat Rebelo de Sousa den sozialdemokratischen Konservativen bei und setzte sich für ein demokratisches Portugal ein. 1973 gründete er die wichtige Wochenzeitung "Expresso" und macht sich seit 16 Jahren im portugiesischen TV als politischer Kommentator mit eigenen Programmen einen Namen. Er erklärte den Portugiesen die internationale und portugiesische Politik mit Redetalent und ohne ideologische Scheuklappen. Bis zu eine Million Zuschauer folgten bis zum Herbst jeden Sonntag seinen Analysen im Staats-TV.

Der geschiedene Vater zweier Kinder gilt vielen Portugiesen, egal welcher politischer Gesinnung, als hochintelligenter Politanalyst und Kenner der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Realität des Landes. "Seine Medienpräsenz und Medienerfahrung spielten für seine Wahl zweifellos eine wichtige Rolle", so Figueiras.

Seine Wahl ist somit nicht als Protestvotum gegen die neue Linksregierung zu sehen. Als moderat konservativer Politiker wird er die Linksregierung von Premier Antonio Costa jedoch mit Sicherheit ermahnen oder sogar eingreifen, sollten die Sozialisten durch ihre kommunistischen Bündnispartner zu sehr nach links abdriften, meint der portugiesische Politologe Antonio Costa Pinto.

Politisches Gegengewicht

"Er wird aber vor allem ein Staatspräsident werden, der um die politische Stabilität und den Dialog zwischen den politischen Lagern bemüht ist. Er wird versuchen, Brücken zwischen den Parteien zu bauen", so Costa Pinto. Das stellte auch der 1948 im nördlichen Celorico de Basto geborene Rebelo de Sousa kurz nach seiner Wahl klar. "Es gibt in dieser Wahl keine Sieger und keine Besiegten, ich werde der Präsident aller Portugiesen sein", versicherte er.

Das Brückenbauen wird heuer in Portugal wichtiger denn je: Zwar gewannen die Parlamentswahlen im Oktober Rebelo de Sousas Konservative, sie verloren aber die absolute Mehrheit. Nach wenigen Wochen stürzten die Linksparteien mit ihrer Parlamentsmehrheit die Regierung und wählten den Sozialisten António Costa zum neuen Regierungschef, der sich teilweise auf scharfem Kollisionskurs mit der konservativen Opposition befindet. Die Konservativen kritisieren die von Costa eingeleitete Abschwächung der bisherigen Austeritätspolitik.

Rebelo de Sousa, der seinen 76-jährigen Parteikollegen Aníbal Cavaco Silva im Amt ablöst, wird mit Sicherheit ein politisches Gegengewicht zur sozialistischen Minderheitsregierung bilden. Portugals Staatschef hat sogar relativ viel Macht. Neben repräsentativen Aufgaben und der Ernennung der Regierung kann er durch die Verweigerung seiner Unterschrift ein Veto gegen missliebige Gesetzesvorlagen einlegen und bei drohender politischer Instabilität das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Am 9. März soll Rebelo de Sousa als Staatspräsident vereidigt werden.