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Einig, uneinig zu sein

Von WZ-Korrespondentin Alexandra Mostyn

Politik
Bundespräsident Fischer (r.) und sein tschechisches Pendant Milo Zeman in Prag.
© BH/Peter Lechner

Flüchtlingskrise und Infrastruktur dominierten den Besuch von Bundespräsident Heinz Fischer in Prag.


Prag. Man ist sich einig darüber, auch mal uneins zu sein. So lautet das Fazit des zweitägigen Abschiedsbesuchs von Bundespräsident Heinz Fischer in der Tschechischen Republik. Eines sei wichtig, resümierte Fischer die Entwicklung der österreichisch-tschechischen Beziehungen im Laufe seiner 12-jährigen Amtszeit: "Der Informationsaustausch zwischen unseren Ländern ist viel besser geworden." Auch deswegen, weil man sich beiderseits von Böhmerwald und Thaya damit abgefunden habe, nicht immer übereinstimmen zu müssen: "Die Tschechen werden auch in zehn Jahren keine Gegner der Atomkraft werden, genauso wie wir Österreicher in zehn Jahren keine AKW-Freunde sein werden."

Fischer verbindet mit dem tschechischen Präsidenten Milo Zeman eine jahrzehntelange Freundschaft, wie beide Staatsoberhäupter immer wieder betonten. Einziger Fauxpas: Auf seinem offiziellen Facebook-Profil freute sich Milo Zeman am ersten Tag des Besuches, seinen Freund, den deutschen Präsidenten begrüßen zu dürfen.

Zentrales Thema der Gespräche - neben Gastgeber Milo Zeman traf Fischer auch Ministerpräsident Bohuslav Sobotka - war die Flüchtlingskrise. Zeman gilt als Hardliner, der Flüchtlinge als Invasoren ablehnt und sich gegen eine EU-weite Verteilung von Migranten stellt. Ganz im Gegensatz zu Fischer, der die Lösung der Krise in einer europaweiten Zusammenarbeit sieht. "Wenn es in Europa ein großes Problem gibt, dann müssen doch alle Länder Europas zusammen irgendwie an einer Lösung dieses Problems arbeiten", meint Fischer.

Der Bundespräsident, der sich während seines vollgestopften Programms nicht nur mit tschechischen Staatsmännern, sondern auch mit Auslandsösterreichern traf, war aber sehr bedacht darauf, die gemeinsamen Interessen beider Länder hervorzuheben. Ganz oben auf der Agenda stand die Infrastruktur. Bis heute gibt es noch keine direkte Autobahnverbindung zwischen Österreich und Tschechien. Pläne, die Strecke Linz-Budweis endlich auszubauen, scheiterten bislang etwa an der europäischen Bürokratie, die eine neue grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung fordert.

"Es ist eine Schande, dass wir es in 26 Jahren (seit der Samtrevolution, Anm.) nicht geschafft haben, eine Autobahn nach Wien zu bauen", schimpfte auch der tschechische Vizepremier Andrej Babi am Dienstag auf dem österreichisch-tschechischen Wirtschaftsforum.

Der Taum von der Wasserstraße

Dabei wäre gerade gerade eine Autobahn zwischen Wien nach Prag dringend nötig, sind sich die Nachbarn einig. Denn die Wirtschaftsbeziehungen boomen. Tschechien gehört zu den Top Ten der österreichischen Wirtschaftspartner. "Die Handelsbilanz hat die magische Grenze von zehn Milliarden Euro überschritten", betonte Fischer, der von WKÖ-Präsident Christoph Leitl begleitet wurde, immer wieder. Einen Vorschlag, die Infrastruktur zwischen Tschechien und Österreich langfristig zu verbessern, stellte Milo Zeman vor. "Ich habe einen Traum", leitete er seine Vorstellung einer Wasserstraße ein, die von Böhmen ans Meer reicht: der Donau-Elbe-Oder-Kanal. Die Idee, die Flüsse Elbe, March und Oder in ihren Oberläufen zu verbinden ist zwar schon über 300 Jahre alt. Für Zeman ist es aber ein Projekt, mit dem er in die Geschichte eingehen möchte. Tschechiens Verkehrsminister Daniel Tok und WKÖ-Präsident Leitl unterstützen das Vorhaben, so Zeman. Nur Verkehrsminister Gerald Klug gebe sich zurückhaltend: "Vielleicht ist er nicht gut genug informiert." Die Geschichte werde zeigen, wie stark diese Vision ist, kommentierte Fischer den Traum des "lieben Milo".

Ein bisschen nostalgisch wurde Fischer, als er sich an seinen ersten Besuch in der damaligen Tschechoslowakei 1976 erinnert: "Damals begleitete ich als junger sozialdemokratischer Fraktionsführer Bruno Kreisky bei seinem ersten Besuch nach Prag." Dass sein offizieller internationaler Abschied aus der hohen Politik auch nach Prag führte, mag einer gewissen Symbolik nicht entbehren. "Die Zukunft mag einige Hürden und Probleme bergen", meinte Fischer. "Aber ich bin optimistisch."