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Auf zur dritten Runde

Von WZ-Korrespondent Heinz Krieger

Politik

Spaniens Premier Rajoy stellt sich heute erneut einer Vertrauensabstimmung im Parlament, seine Chancen stehen schlecht. Vieles deutet auf Neuwahlen im Dezember hin.


Madrid. (ce) Heute, Freitag, um 20.05 Uhr beginnt der nächste Akt im spanischen Trauerspiel. Dann werden wieder die Namen der 350 Parlamentsabgeordneten einzeln verlesen und jeder muss mit Ja, Nein oder Enthaltung auf die Frage antworten, ob er Mariano Rajoy das Vertrauen als Premierminister aussprechen will.

"Bitte laut und klar" soll er das sagen, wie Kongresspräsidentin Ana Pastor in der ersten Abstimmung am Mittwochabend verlangt hat. Da hatte sie 170 Mal "sí" gehört und 180 mal "no". Rajoy, seit dem 21. Dezember 2011 Ministerpräsident, hatte die Wiederwahl nicht geschafft. Seit dem 21. Dezember 2015 regiert er nur noch geschäftsführend, auf Verwaltungshandeln reduziert. So darf er weder den Staatshaushalt einbringen, noch die von der EU-Kommission gemachten Auflagen zur Defizitbewältigung umsetzen. Um 20 Prozent sind die öffentlichen Bauaufträge, die Arbeitsplätze sichern könnten, wegen der Blockade im ersten Halbjahr zurückgegangen.

Der Parteichef der sozialdemokratischen PSOE, Pedro Sánchez, hat in der Debatte vor der Vertrauensabstimmung klargemacht, dass er eine Regierung der konservativen Volkspartei (PP) von Rajoy verhindern werde, nicht nur in dieser Woche. Selten waren sich die spanischen Zeitungen so einig in ihrer Kritik an Sánchez. Die konservativ-liberale "El Mundo" und die der PSOE zugeneigte "El Pais" hatten wortgleich dieselbe Schlagzeile auf Seite eins: "Sanchez schlägt die Tür zu und weist auf Neuwahlen."

Die kämen dann am Weihnachtstag, dem 25. Dezember. So sieht es der gesetzlich vorgeschriebene Zeitablauf vor. Zuvor muss aber noch am heutigen Freitag der zweite Wahlgang absolviert werden, genau 48 Stunden nach dem ersten. Auch das schreibt das Gesetz vor. Fällt Rajoy wieder durch, dann sind zwei Monate Zeit, um neue Mehrheiten zu suchen. Oder einen anderen Kandidaten. Der müsste dann von König Felipe einen Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Aber auch Sanchez hat keine Mehrheit. Rajoy stützt sich auf die 137 PP-Mandate, die 32 der liberalen Ciudadanos und eine Abgeordnete von den Kanaren: 170 Stimmen. Da fehlen sechs zur absoluten Mehrheit.

Sanchez hat nur 85 PSOE-Abgeordnete. Hinzu kämen 67 der linkspopulistischen Podemos und Abgeordnete aus den Regionalparteien Kataloniens, des Baskenlandes und anderer Regionen. Um so eine Mehrheit zu schmieden, müsste Sánchez der Forderung nach einer Volksabstimmung über die Souveränität und den Austritt Kataloniens aus Spanien zustimmen. Sonst kriegt er diese Stimmen nicht. Macht er diesen Schritt, dann wird ihm seine Partei nicht folgen. Heute, Freitag, wird Rajoy wohl wieder niedergestimmt, wenn sich nicht der eine oder die andere Abgeordnete einen Ruck gibt - und sich wenigstens der Stimme enthält.