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Premier geht, Regierung steht?

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Politik

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico stellt für seinen Rückzug Bedingungen.


Bratislava. Mit einem Paukenschlag könnte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico die seit mehr als zwei Wochen anhaltende Regierungskrise beendet haben. Der Sozialdemokrat avisierte am Mittwochabend seinen Rücktritt. Für die Wachablösung stellte er jedoch eine Bedingung: Ficos Smer-SD, die größte der drei Regierungsparteien, soll den Nachfolger des 53-Jährigen benennen. Beste Aussichten hat Peter Pellegrini, bisheriger Vize-Premier und zuständig für Investitionen und Digitalisierung.

Er wolle für stabile Verhältnisse sorgen, sagte Fico zur Begründung. Dabei müsse Präsident Andrej Kiska am Donnerstag akzeptieren, dass Smer-SD als bisher stärkste politische Kraft den neuen Regierungschef vorschlage. Sollte sich das Staatsoberhaupt auf diesen Deal einlassen, wären Neuwahlen vom Tisch.

Auch das von den drei Oppositionsparteien "Freiheit und Solidarität", "Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten" und "Wir sind eine Familie" für Montag angekündigte Misstrauensvotum gegen Robert Fico hätte sich erledigt. Dem Regierungschef bliebe damit ein entscheidender Gesichtsverlust erspart. Denn die entscheidenden Stimmen gegen seine Abwahl wären von den oppositionellen Rechtsextremisten unter Marian Kotleba gekommen. Sie hatten schon vor Tagen angekündigt, Fico in jedem Fall zu unterstützen.

Die politischen Turbulenzen, die durch die Ermordung des Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova ausgelöst wurden, deren Leichen am 25. Februar aufgefunden worden waren, gipfelten unter anderem in den größten Massenkundgebungen auf dem Gebiet der Slowakei seit der Samtenen Revolution im November 1989. Die Proteste richteten sich in erster Linie gegen Fico und Innenminister Robert Kalinak, der am Montag zurücktrat.

Auch nach einem Rücktritt des seit 2012 amtierenden Regierungschefs würde sich die Situation im Land nur vordergründig beruhigen. Denn die Organisatoren der bisherigen Demonstrationen halten an einem für den morgigen Freitag geplanten weiteren Protestmarsch fest. Ziel bleibe die Ablösung der gesamten Regierungsmannschaft, so die 19-jährige Karolina Farska.

Bei den jüngsten Verhandlungen der drei Regierungsparteien, neben Smer-SD sind dies die nationalistische SNS von Andrej Danko und die für eine Verständigung aller Nationalitäten in der Slowakei eintretende Most-Hid von Bela Bugar, ging es zunächst um die Festlegung eines Termins für Neuwahlen. Most-Hid hatte mit der Aufkündigung der Koalition gedroht, falls es hier nicht zu einer Einigung käme. Für Smer-SD und SNS hingegen lautete das oberste Gebot, die Regierung unter allen Umständen zu retten.

Bloß Wechsel vermeiden

Gründe für die Einigung der Koalitionäre, gibt es mehrere. Seit der Ermordung von Kuciak, der in seinem letzten, nicht vollendeten Artikel Verbindungen zwischen der Smer-SD und dem in der Ostslowakei operierenden Mafia-Ableger Ndrangheta aufgezeigt hatte, wurden eine Reihe fragwürdiger Geschäfte führender Mitglieder der größten Regierungspartei öffentlich gemacht. Auch Spitzenpolitiker der SNS und der Most-Hid sollen so zu Wohlstand gekommen sein. Hier könnte es nach einem möglichen raschen Regierungswechsel zu unliebsamen weiteren Nachforschungen kommen. Außerdem lässt sich derzeit nur schwer abschätzen, inwieweit die Regierungsparteien in den vergangenen Wochen tatsächlich an Popularität eingebüßt haben. So wäre Smer-SD nach einer am Mittwoch von "Dennik N" veröffentlichten Umfragen immer noch stärkste Kraft im Nationalrat, überzeugt aber nur noch ein Fünftel aller Wahlberechtigten. Die SNS hingegen würde auf mehr als zehn Prozent zulegen, während Most-Hid um den Einzug ins Parlament bangen müsste. In den vergangenen Tagen hatte es noch geheißen, dass Smer-SD mit Fico an der Spitze mit 25 Prozent der Stimmen rechnen könnte.