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Schleswig-Holsteins langer Schatten

Von Konstanze Walther

Politik

Fall Puigdemont: Die deutsche Justiz entscheidet nicht nur, ob der katalanische Politiker ausgeliefert wird. Sie entscheidet auch über die etwaigen Anklagepunkte in Spanien.


Kiel/Neumünster. Seit eineinhalb Wochen sitzt der ehemalige katalanische Regionalpräsident nun im Gefängnis. In der Strafvollzugsanstalt Neumünster, im Bundesland Schleswig-Holstein, finden sich vor den Zäunen Anhänger sowie Journalisten ein, die auf Neuigkeiten aus der Haft warten.

Doch die Hauptgeschichte entwickelt sich derzeit etwas mehr als 50 Kilometer von Neumünster entfernt weiter - im Oberlandesgericht in Schleswig.

Nachdem der Generalstaatsanwalt in Schleswig-Holstein am Dienstag entschieden hat, dass das spanische Verbrechen der Rebellion nah genug am deutschen Tatbestand des Hochverrats ist und damit die Auslieferung wegen der beiden Puigdemont vorgeworfenen Tatbestände zulässig, liegt der Ball nun bei einem Drei-Richter-Senat. Geprüft wird, ob die Auslieferung an Spanien "von vornherein zulässig" ist. Dabei werden nun rein formal-juristisch die Tatbestände Veruntreuung und Rebellion auf ihre Anwendung abgeklopft.

Falls das Gericht diese bejaht, ist die Auslieferung Puigdemonts aber noch nicht gegeben. Denn erst zu einem späteren Zeitpunkt wird noch einmal geprüft, ob die Auslieferung tatsächlich - in Anbetracht aller Umstände - zulässig ist. Es ist eine Prüfung nach einem "etwas anderen Maßstab", wie es die Sprecherin des Gerichts auf Anfrage der "Wiener Zeitung" formuliert. Sprich: Hier könnten politische Umstände in die Waagschale geworfen werden.

Brisant: Falls das Gericht zu dem Schluss kommt, dass Puigdemont nicht wegen Rebellion, sondern sondern nur wegen Veruntreuung an Spanien ausgeliefert werden darf, dann darf Spanien Puigdemont auch grundsätzlich nur wegen Veruntreuung anklagen, erklärt Frauke Holmer, Sprecherin des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein, gegenüber der "Wiener Zeitung". Dabei handelt es sich um ein Delikt, das keine Mindeststrafe kennt - anders Rebellion, die mindestens 15 Jahre vorsieht.

"Beeindruckt von dem Mut"

Während sich Juristen die Köpfe zerbrechen und die deutsche Regierung gerne der Justiz das Feld komplett überlässt, bekam der prominente Häftling am Mittwoch Besuch aus Spanien: Seine Ehefrau kam, sowie der Vize des katalanischen Parlaments, Josep Costa, der der gleichen Bewegung wie Puigdemont angehört: JxCat steht für Separatismus/Unabhängigkeit mit konservativer Prägung. Costa betonte, dass es sich für ihn um einen Arbeitsbesuch handelt. Auf Twitter klang Costa aber emotional: "Ich habe mehr als zwei Stunden mit dem Präsidenten verbringen dürfen. Ich bin beeindruckt von seinem Mut, seiner Kraft und seinem Willen, für unsere Rechte als Volk weiter zu kämpfen." Ferner schicke Puigdemont Grüße an die anderen politischen Häftlinge.

Gemeint ist hiermit wohl unter anderem Oriol Junqueras. Der abgesetzte ehemalige Vizepräsident der ERC (Separatismus/Unabhängigkeit mit linker Prägung) sitzt seit mehr als vier Monaten vor den Toren Madrids in Untersuchungshaft. Enthaftungsgesuche lehnte die Justiz bisher ab. Einerseits wegen Wiederholungsgefahr. Andererseits wegen Fluchtgefahr: Die Tatsache, dass Puigdemont Spanien fluchtartig verlassen hat, habe der Sache der gebliebenen und später festgenommenen katalanischen Politiker nicht unbedingt geholfen, hieß es damals von deren Anwälten.