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Weiblich und pro-europäisch

Von Konstanze Walther

Politik

Der spanische Premier Pedro Sánchez beruft neun Frauen und drei Männer in sein Kabinett.


Madrid. Der neue spanische Premierminister Pedro Sánchez will bekanntlich zeigen, dass eine andere Form der Politik möglich ist. Spielraum war dafür vorhanden: Er musste, um an die Regierung zu kommen, kein Programm absegnen lassen, und auch keine Posten versprechen. Es reichte in Sánchez‘ Fall vorerst, den verhassten konservativen Premier Mariano Rajoy abwählen zu lassen.

Inwieweit sich Sánchez mit seiner Minderheitsregierung halten kann, steht in den Sternen. Schließlich verfügen die Sozialisten nur über 84 der 350 Abgeordnetensitze im Parlament.

Doch mit seiner Personal-Auswahl hat Sánchez einen für europäische Verhältnisse historischen Schritt gesetzt. Nein, es geht diesmal nicht um die Verteilung von EU-Befürwortern oder Gegnern. Sondern um die Geschlechter.

Sánchez hatte eine Regierung versprochen, die zur Hälfte aus Frauen besteht. Geworden ist es in einem beispiellosen Coup ein Kabinett, in dem Frauen klar die Mehrheit stellen: Neun Ministerinnen und nur drei Minister stellte Sánchez am Mittwoch als sein Team vor.

Vizepräsidentin und Ministerin für Gleichberechtigung wird Carmen Calvo. Die Juristin war bei dem sozialdemokratischen PSOE Ansprechperson für die Katalonienkrise, und hat mit der konservativen Vorgängerregierung die Anwendung des Verfassungsartikels 155 ausgearbeitet. Der PSOE hatte den befristeten Entzug der Autonomie Kataloniens im spanischen Parlament mitgetragen. Und Katalonien wird sicher eines der Hauptthemen bleiben - auch für die neue spanische Regierung.

Doch auch die Positionierung nach außen ist geschickt. Sánchez beruft die parteifreie Nadia Calviño als Wirtschaftsministerin ein. Die Ökonomin Calviño war zwölf Jahre lang hohe Beamtin in Brüssel, und war vor einer Woche eigentlich in die spanische Zentralbank berufen worden. Mit Calviño, die fünf Sprachen spricht, zementiert Sánchez sein Versprechen, pro-europäisch zu sein und das Budget im Rahmen der Brüsseler Vorgaben zu halten. Und er distanziert sich stark von der neuen europakritischen italienischen Regierung.

Spaniens Finanzministerin wird die Andalusierin María Jesús Montero, die bereits vorher Regionalministerin für das Budget ihrer Heimatregion war.

Die Katalanin Meritxell Batet wird Ministerin für Verwaltung und ist künftig damit auch zuständig für die Autonomen Regionen. Batet, bisher Abgeordnete im katalanischen Parlament, hat sich stets gegen die Unabhängigkeit der Region ausgesprochen.

Gesundheitsministerin wird Carmen Montón, die international angesehene Klima-Expertin Teresa Ribera wird Umweltministerin.

Auch das Arbeits- und Sozialministerium kommt in weibliche Hände (Magdalena Valerio), genauso wie das Bildungsministerium (Isabel Celáa) und das Justizministerium (Dolores Delgado).

Der Pensionist, der Astronaut und der Parteisekretär

Unter den drei von Männern geleiteten Ministerien gibt es auch ganz klare Signale nach Brüssel: Der erfahrene Polit-Hautdegen Josep Borrell übernimmt das Außenministerium. Borrell war von 2004 bis 2007 Präsident des Europaparlaments. Der 71-jährige Katalane, der sich ebenfalls klar gegen die Sezession der Region ausgesprochen hat, kommt für Sánchez aus der Polit-Pension.

Für Bildung und Wissenschaft ist der ehemalige Astronaut Pedro Duque zuständig, der an der Europäischen Weltraumagentur tätig war. Einzig das Ministerium für Förderungen wird mit einer eher klassischen Wahl bedacht: Das bekommt Parteisekretär der PSOE, José Luis Ábalos.

Unterdessen arbeiten die Konservativen die Ereignisse der letzten Tage auf. Der abgewählte Premier Mariano Rajoy zieht sich gänzlich aus der Politik zurück. Er ließ es sich aber nicht nehmen, seinen Vorgänger, Ex-Premier José María Aznar, noch öffentlich scharf zurückzuweisen. Polit-Pensionär Aznar, unter dessen Führung sich viele der Korruptionsvorwürfe angesammelt hatten, über die Rajoy nun gestolpert ist, brachte sich am Dienstag in Spanien ins Spiel - er könne helfen, das Mitte-Rechts-Lager in Spanien aufzubauen, so Aznar.

Danke, nein, sagte Rajoy in Aznars Richtung. Man müsse das Mitte-Rechts-Lager nicht aufbauen. Man habe bereits die konservative Partei, die stimmenstärkste Kraft in Spanien ist.