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Die neue Härte im Strafrecht

Von Werner Reisinger

Politik

Strafrechtsreform: Task Force "Opferschutz und Täterarbeit" bringt Paket in den Ministerrat.


Wien. Noch bevor die Strafrechtsreform - das "Paket" für Opferschutz und Täterarbeit, wie die Regierung sagt - am Mittwoch den Ministerrat passiert, präsentierte ÖVP-Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, diese am Dienstagabend im Rahmen eines Hintergrundgesprächs den Journalisten. Die teils massive Kritik von Strafrechtsexperten, Richter- und Anwaltsvereinigungen sowie NGOs aus dem Bereich Opferschutz und Täterarbeit wiesen Edtstadler, Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz erneut zurück: Der Fokus auf die Verschärfung des Strafrechts, vor allem im Sexualstrafrecht, sei ein "ungerechtfertigter Fokus", wo man eben ein umfassendes "Paket" vorgelegt habe.

Fix ist demnach die Anhebung der Mindeststrafe bei Vergewaltigung von einem auf zwei Jahre, ebenso wie die Abschaffung der Möglichkeit einer teilbedingten Haftstrafe. Wer wegen Vergewaltigung verurteilt wird, muss also künftig zumindest einen Teil der Haftstrafe auch absitzen. Strafrechtsexperten hatten hier kritisiert, dass die Zahl der gänzlich bedingten Strafen bei Vergewaltigungen laut Statistik ohnehin verschwindend gering seien.

Gewaltinterventionszentren

Zudem sollen Richter künftig nicht mehr die Wahl haben, bei einem bereits zwei mal einschlägig Verurteilten bei der dritten Verurteilung eine um die Hälfte erhöhte Höchststrafe zu verhängen oder nicht. Auch ist dafür künftig nicht mehr wie früher eine unbedingte Haftstrafe nötig. Wer zum dritten Mal wegen einem einschlägigen Delikt nur verurteilt wurde, dem droht künftig zwingend eine höhere Höchststrafe. Ebenso müssen Richter eine nachhaltige Traumatisierung von Opfern in ihren Urteilen entsprechend berücksichtigen. Die Vorhaben der Regierung reichen aber in der Tat über das Strafrecht hinaus und sind durchaus ambitioniert. So sollen etwa in den kommenden Jahren nach dem Vorbild der Gewaltschutzzentren flächendeckend "Gewaltinterventionszentren" eingerichtete werden, zudem soll die Täterarbeit intensiviert werden - eine Forderung der entsprechenden NGOs. Schon nach der der ersten Wegweisung eines gewalttätigen Mannes soll dieses künftig verpflichtend eine professionelle Beratung in Anspruch nehmen und nachweisen müssen. Die Informationsarbeit der Behörden soll intensiviert werden.

Ärztliche Verschwiegenheit

Auch die - zuvor eingestellten - sogenannten "Fallkonferenzen" sollen unter der Leitung der Polizei neu organisiert und verbindlich wiedereingeführt werden. Frauen als Gewaltopfer sollen künftig Anspruch auf einen Frauenhaus-Platz auch in anderen Bundesländern erhalten. Ein weiterer Schwerpunkt stellen die Themen Zwangsverheiratungen und Genitalverstümmelung dar. Hier sollen die Jugendämter proaktiv einschreiten können - bis hin zum Entzug des Reisepasses.

Was das alles kostet, kann Edtstadler derweil nur schätzen. Von "mehreren Millionen Euro", aufgeteilt auf die verschiedenen Ministerien, war am Dienstagabend die Rede.

Für Diskussionen dürfte sorgen, dass Psychiater, Psychotherapeuten und Ärzte künftig im Anlassfall verpflichtend aussagen müssen, ihre Verschwiegenheitspflichten sollen bei einer "ernstlichen und erheblichen Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit anderer" aufgehoben werden. Eine "Muss"-, keine "Kann"-Bestimmung, wie Walter Rosenkranz betonte. Mit den Berufsverbänden sei dies bereits abgesprochen, von Widerspruch dort sei keine Rede, "im Gegenteil" begrüße man die Aufhebung dort sogar.