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Reizwort Pension mit 67

Von Karl Ettinger

Politik
Frei nach Udo Jürgens: "Mit 66 Jahren . . .".
© Yaroslav Astakhov

Expertendiskussion über österreichisch-deutsche Sorgen um Altersarmut und Finanzlücken.


Wien. Die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung hat mit der Reform der Sozialversicherung und der Mindestsicherung genug am Hals. Das Thema Pensionen hat sie daher abgesehen von der gestaffelten Pensionserhöhung aus ihrem Sprachschatz und politischen Alltag weitgehend verbannt. Fachleute hindert das jedoch keineswegs, Reizwörter wie höheres Pensionsalter und Altersarmut in den Mund zu nehmen.

Die - nicht anwesende - Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bekam dabei bei einem Diskussionsabend über die "Sackgasse Pension" der "Denkwerkstatt St. Lambrecht" in Wien von Helwig Aubauer von der Industriellenvereinigung ihr Fett ab. Der Experte beklagte, dass es entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nach wie vor keine Pensionskommission gibt. Damit fehlten dringend notwendige Prognosen für die Entwicklung der Pensionsfinanzierung bis zu den Jahren 2030 und 2040.

"Das beruhigt mich gar nicht", warnte Aubauer. Bei den Ausgaben bleibe ein "signifikanter Anstieg". Die Summe, um die es da gehe, liege außerdem "in ganz anderen Dimensionen" als etwa der Konflikt um die Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung.

"Bild"-Zeitung schreibt, wie deutsche Rentner überleben

Im Vergleich zu deutschen Rentnern ist in Österreich die Pension im Vergleich zum früheren Aktiveinkommen ("Nettoersatzrate") im Schnitt höher. Erst am Dienstag dieser Woche hat die "Bild"-Zeitung in einem Aufmacher-Bericht Deutschland mit der Schlagzeile "Reiches Land, arme Rentner" aufgerüttelt. Im Boulevardblatt erzählten fünf Senioren, "warum sie Flaschen sammeln müssen, um zu überleben". Pensionseinschränkungen nach der Jahrtausendwende lassen dort die Warnungen vor Altersarmut ab 2030 lauter werden.

Es sei "zu kurz gegriffen", in Österreich hinzuweisen, dass man bei der Pensionshöhe besser als die Deutschen sei, gab Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker zu bedenken. Beim Anstieg des Anteils der Menschen über 65 Jahren von 18,5 auf 30,4 Prozent bis 2070 bedeute das wohl niedrigere Ersatzraten, prophezeite der Neos-Parlamentarier.

Josef Wöss, altgedienter Pensionsexperte der Wiener Arbeiterkammer, hielt andere Sorgen wie Klimawandel und Umwelt für wichtiger: "Da brauchen wir uns nicht mehr Gedanken machen um die Pension in 50 Jahren." Der "deutsche Weg" mit einem Pensionsalter von 67 Jahren bereitete ihm Angst und Kopfzerbrechen. Solange es bei jungen Menschen und Zuwanderern nach Österreich derartige Probleme auf dem Arbeitsmarkt gebe, brauche man Menschen nicht dazu zwingen, mit 66 oder 67 Jahren in Pension zu gehen, stellte Wöss fest: "Das kommt mir komisch vor."

"Komplizenschaft" verhinderte höheres Frauenpensionsalter

Der Ex-Chef der Pensionsversicherungsanstalt, Ewald Wetscherek, erinnerte in der Diskussion daran, dass die schrittweise Angleichung des Pensionsalters der Frauen an jenes der Männer mit 65 Jahren, die 2024 beginnt, zu spät erfolgt. Das ist 1992 von SPÖ und ÖVP mit einer Verfassungsregelung einzementiert worden. 2002 sei "völlig klar" gewesen, dass man in Österreich ein geschlechtsneutral einheitliches Pensionsalter gebraucht hätte. Da habe es eine "Komplizenschaft" der Dienstgeber und Dienstnehmer gegeben, nichts zu ändern.

Wetscherek warnte aber auch davor, die ganze Hoffnung in eine kapitalgedeckte private Pensionsvorsorge zu legen. Man solle nicht so tun, als gebe es dort das Risiko durch den Demografiefaktor nicht, meinte er, der damit auf die Zunahme älterer Menschen hinwies. "Da steht die Bewährungsprobe noch bevor", warnte Wetscherek. Da müsse man dann den Beitragssatz erhöhen.

Der Ex-Sektionschef im Sozialministerium, Walter Pöltner, erinnerte daran, mit den Pensionsreformen 2003/04 während der schwarz-blauen Regierung würden die hohen Beamtenpensionen ("die kommen runter auf ASVG-Niveau") reduziert. Auch für Beamtenpensionen wird der Berechnungszeitraum bis 2028 auf 40 Jahre ausgedehnt. Damit werden Pensionsausgaben eingespart.