Zum Hauptinhalt springen

"Wir haben keine Angst vor Kritik"

Von Werner Reisinger

Politik

Die KPÖ plus hat bei der EU-Wahl wenig Erfolgsaussichten. Ihre Spitzenkandidatin Katerina Anastasiou erklärt, wieso sie trotzdem kämpft.


Wien. Katerina Anastasiou ist keine, die aus der Hüfte schießt. Sie hat lange überlegt, ob sie für die offene Liste der KPÖ plus - European Left als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen soll. Wieso hat sie sich dafür entschieden? "Es hat nicht nur mit Idealismus und dem Kampf um linke Ideen und Projekte zu tun", sagt sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Sie sieht ihren Wahlkampf auch als einen "Kampf gegen die Politikverdrossenheit". Auf ihrer Wahlkampftour habe sie auf eines den Fokus gelegt: dem Gefühl der Menschen entgegenzutreten, dass diese sich in der politischen Sphäre ohnehin nicht einbringen können.

"Wir zeigen mit unserer Kandidatur auch, dass wir gemeinsam trotz aller Schwierigkeiten es geschafft haben, überhaupt anzutreten", sagt Anastasiou. Aufgeben ist ihre Sache nicht. "Wie soll sonst etwas links von der SPÖ entstehen?" Die 35-jährige Griechin kam im Alter von 20 Jahren nach Österreich, politisch sozialisiert wurde sie in der Sozialistischen Jugend (SJ). Gemeinsam mit ihrem Team fuhr sie unlängst auf einer "Enteignungstour" durch Wien. Ihre wichtigsten Forderungen: soziale Mindeststandards - für alle.

Die größte Schwierigkeit für Anastasiou ist freilich das kaum vorhandene Interesse der reichweitenstarken Medien an der KPÖ und ihrem Programm.

Neoliberale gegen die Rechte

"Wir können uns eben nicht wie beispielsweise die Neos auf eine so große finanzielle Basis stützen", sagt die linke Spitzenkandidatin.

Den Rechtsruck auf europäischer Ebene verhindern, das sei indirekt auch die Aufgabe linker Parteien, denn die Sozialdemokratie leide vielfach unter der "Angst, sich als links bezeichnen zu lassen". Der Diskurs habe sich radikal nach rechts verschoben. "Diese Angst, als zu links diffamiert zu werden, gilt es zu überwinden." Dass der Skandal um die Ibiza-Videos der FPÖ-Spitze und die folgende politische Krise keine Auswirkung auf die EU-Wahl haben wird, glaubt Anastasiou dennoch nicht. "Beim Vernetzungstreffen der Rechtsextremen, das Matteo Salvini am 18. Mai in Mailand organisierte, sei bereits ein "Schwund des Publikums" zu bemerken gewesen. "In Wirklichkeit gibt es bei der Wahl am Sonntag nur zwei Optionen: die autoritäre Richtung, die die Parteien der extremen Rechten verkörpern - oder die sogenannte proeuropäische, aber neoliberale, für die Macron steht", sagt Anastasiou.

Wille zur Diskussion

Was zeichnet die europäische Linke aus ihrer Sicht aus? "Vor allem, dass wir keine Angst vor Kritik haben. Sonst kann es keinen Fortschritt geben." Zudem: die Fähigkeit der linken Parteien, auch über die eigenen Parteigrenzen hinaus im Gespräch zu bleiben. Anastasiou verweist auf die GUE/NGL selbst, die sogenannte Linksfraktion im Europaparlament, und Fora wie den "Progressive Caucus", der zwischen fortschrittlichen Kräften Brücken bauen will, oder auch auf das "European Forum". Anastasiou will trotz schlechter Prognosen für ihre Liste den Glauben an das Erreichen eines Mandats nicht verlieren. Ihr Ziel: "Das Ergebnis von 2014 halten ist das Unterziel, ich aber glaube daran, dass wir ein Mandat schaffen können."