Zum Hauptinhalt springen

Akademieförderung als schwarzes Loch

Von Jan Michael Marchart

Politik
Der Rechnungshof nahm zuletzt die Akademieförderung für 2012 bis 2017 unter die Lupe.
© Achim Bielek

Die Parteien beziehen Akademieförderung in Millionenhöhe. Selbst wenn sie abgewählt werden, dürfen sie das Geld behalten.


Wien. Glaubt man den Prognosen für die kommende Nationalratswahl im Herbst, dann könnte die Liste Jetzt bald in den Klub derer stoßen, die keinen Parlamentsklub mehr haben und dennoch laut Partei auf einigen hunderttausend Steuereuros sitzen werden. Möglich wird das durch die Parteiakademieförderung. Jährlich schüttet der Bund 10,5 Millionen Euro an die Parteien aus, die mit dem Geld laut Gesetz "staatsbürgerliche Bildung" leisten sollen. Auf die Liste Jetzt entfielen für 2018 und 2019 jeweils 1,2 Millionen Euro. Für die Förderung braucht es "Klubstärke", also zumindest fünf Mandatare einer Partei im Nationalrat.

Was allerdings passiert, wenn eine Partei aus dem Parlament ausscheidet und ihr Geld aus dem Fördertopf übrig bleibt, ist bis heute nicht geregelt. Das sperrig benannte Publizistikförderungsgesetz schreibt nicht vor, ob die Gelder mit Wegfall der Förderungswürdigkeit in einem gewissen Zeitraum aufgebraucht werden oder an den Bund zurückgezahlt werden müssen.

Daher können Parteien, obwohl sie aus dem Parlament ausgeschieden sind, übrig gebliebene Mittel in den darauffolgenden Jahren ohne Parlamentsklub verwenden, bis die Kassen leer sind. Eine zeitliche Begrenzung dafür gibt es nicht. Die Akademien bekommen ohne Klub nur keine weiteren Geldspritzen mehr.

Ein kurzes Aufflammen

Dass hier ein gesetzlicher Handlungsbedarf besteht, moniert der Rechnungshof seit Jahren, zuletzt in seinem jüngsten Bericht über die Parteiakademien für die Jahre 2012 bis 2017. Darin weist die Behörde den Bund und im speziellen das zuständige Bundeskanzleramt auf ihre Empfehlungen hin. Der Rechnungshof fordert, dass die Förderungsmittel innerhalb eines Jahres nach Ausscheiden aus dem Nationalrat verbraucht werden sollen. Übriges Geld sei danach zurückzufordern. Die bisher einzige Initiative in eine ähnliche Richtung verebbte 2015 unter der damaligen rot-schwarzen Regierung bereits auf Beamtenebene und kam nie ins Parlament.

Ob die Sache in der Übergangsregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein angegangen wird, ist fraglich. Geprüft werden nur die vom Rechnungshof als widmungswidrig eingestuften Ausgaben der Akademien. Zu einer Gesetzesänderung äußerte sich Regierungssprecher Alexander Winterstein nicht konkret. Die Empfehlungen des Rechnungshofs werde man sich ansehen. Das Kabinett Bierlein betont allerdings mantraartig, keine politischen Initiativen setzten zu wollen, bis eine neue Regierung eingesetzt ist.

Kanzleramt kann nicht prüfen

Ohne ein solches Reglement kommt es allerdings zu der bizarren Situation, dass die Team Stronach Akademie ihre eigene Partei, die 2017 aus dem Parlament ausschied, um zwei Jahre überlebt und sich erst jetzt langsam auflöst. Die "Wiener Zeitung" berichtete. Das BZÖ hat gar seit 2013 keine Nationalratspartei mehr und trotzdem noch Geld übrig.

Hinzu kommt, dass für Akademien, die keine Förderungen mehr bekommen, keine Berichtspflicht an den Rechnungshof und an die Bundesregierung gilt, selbst wenn sie noch über Mittel aus der Vergangenheit verfügen. Zu Jahresende 2017 hatten die Team Stronach Akademie und die Grüne Bildungswerkstatt 874.200 Euro beziehungsweise 789.400 Euro in den Akademiekassen, auf die Zukunftsakademie des BZÖ entfielen weitere 65.700 Euro. Gesamt musste also die Verwendung von insgesamt 1,73 Millionen Euro nicht mehr gemeldet werden.

Aber auch bei der grundsätzlichen Kontrolle der Akademieförderung liegt laut Rechnungshof einiges im Argen. Gesetzlich sind die Parteiakademien dazu verpflichtet, einen jährlichen Bericht über die Verwendung der Fördergelder abzuliefern. Dieser Bericht wandert zur Bundesregierung ins Kanzleramt beziehungsweise zum eigens dafür eingerichteten Beirat. Das Problem nur: Laut Rechnungshof nahm das Kanzleramt "keine inhaltliche Prüfung der Berichte vor".

Der Beirat sei laut dem Parteigelder-Experten Hubert Sickinger nur dazu da, um Richtlinien für die Verwendung der Fördermittel zu erstellen und nicht für die Kontrolle zuständig. Allerdings sind auch dem Kanzleramt als Fördergeber die Hände gebunden. "Nach wie vor gab es keinen Rechtsanspruch der Bundesregierung auf Auskunftserteilung und Einsicht in die Unterlagen", moniert der Rechnungshof. Die Akademien seien auch nicht dazu verpflichtet, Einsicht zu gewähren.

Erst eine Rückforderung

Möglich ist wie derzeit laufend die Kontrolle einer widmungswidrigen Verwendung der Fördergelder, die also nicht dem Bildungsauftrag entsprechen. Diese erfolgt durch das Kanzleramt anhand der jüngsten Rechnungshofberichte.

Demnach bezahlte etwa die Team Stronach Akademie ihren Gästen alkoholische Getränke um etwa 2800 Euro. Das BZÖ steckte vor der Wahl 2013 101.000 Euro in Umfragen und Kandidatenanalysen, die Grünen finanzierten wiederum Projekte der Jungen Grünen - ohne Kooperation.

Die Freiheitlichen, deren "umfangreiche Spesen" für internationale Bildungsarbeit" genauer überprüft werden, waren bisher die Einzigen, die Förderungsgeld zurückzahlen mussten.

Am 6. Juli 2010 einigte sich der Beirat anhand eines Gutachtens, dass die Seminarreihe "Grundlagen des Islam" 2009, in der sich die Vortrage Elisabeth Sabaditsch-Wolff abfällig über den Propheten Mohammed geäußert hatte und sie deshalb 2011 wegen Herabwürdigung einer religiösen Lehre verurteilt wurde, widmungswidrig sei. Die 1000 Euro wurden 2012 von der Akademieförderung abgezogen.