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Im Schnelldurchlauf

Von Simon Rosner

Politik
Österreichs neue Justizministerin Alma Zadic.
© reuters/Leonhard Föger

Alma Zadic wechselte erst im Sommer zu den Grünen - und für diese nun ins Justizministerium.


Manchmal geht es in der Politik sehr schnell. Vor nicht einmal zwei Jahren wirkte bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer eine junge Juristin als Anwältin: Alma Zadic. Am Dienstag wurde sie als neue Justizministerin angelobt. Dazwischen lag eine Ibiza-bedingt recht kurze, aber durchaus auffällige Laufbahn als Abgeordnete der Liste Pilz, später Jetzt, sowie ein fliegender Wechsel zu den Grünen im vergangenen Sommer.

Zadic hatte sich vor allem im Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre hervorgetan. Werner Kogler holte sie dann nicht nur auf die grüne Liste, sondern nach der Wahl auch in sein engstes Verhandlungsteam. Als ihr Name als zukünftige Justizministerin vor dem Jahreswechsel durchsickerte, erhielt Zadic umgehend Würdigungen von Mitbewerbern. Der SPÖ-Abgeordnete Thomas Drozda bezeichnete sie auf Twitter als "exzellente Kandidatin für das Justizministerium", Hans-Jörg Jenewein, der für die FPÖ im U-Ausschuss saß, schrieb ebendort: "Ich habe sie als exzellente Parlamentarierin, akribische Politikerin und sehr angenehme Kollegin schätzen gelernt."

Die warmen Worte aus den Reihen der FPÖ waren allerdings nur von kurzer Dauer. Im neuen Jahr war Zadic, die in Bosnien (Tuzla) geboren wurde und als Kriegsflüchtling im Alter von zehn Jahren nach Österreich kam, auf einmal Ziel von blauen Attacken. Die FPÖ forderte sogar Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf, die 35-Jährige nicht anzugeloben, und zwar, weil Zadic wegen übler Nachrede erstinstanzlich strafrechtlich verurteilt worden sei. Das ist allerdings unrichtig.

Zadic war in einem Medienverfahren zu einer Entschädigungszahlung von 700 Euro verurteilt worden, dagegen hat sie berufen. Sie hatte ein auf Twitter kursierendes Foto eines Burschenschafters geteilt, der aus dem Fenster einer Bude einem vorbeiziehenden Demonstrationszug (gegen Türkis-Blau) winkte und jemanden grüßte. Die Frage war aber: wen? Auf dem Foto weist nämlich der ausgestreckte rechte Arm nach oben. Der junge Mann erklärte, er habe Freunde gegrüßt, die er in der Demo erkannt habe, und klagte mehrere Personen, die das Bild geteilt und ihn damit in die Nähe von NS-Wiederbetätigung gerückt hatten - auch Zadic.

Parallel hatte in sozialen Medien und Foren, unter anderem ausgehend von rechtsextremen Accounts, um den Jahreswechsel eine rassistische Kampagne gegen die neue Justizministerin eingesetzt. Dies thematisierte auch Vorgänger Clemens Jabloner bei der Übergabe des Ministeriums. Er sprach von einer Beschimpfungsorgie, die einen besonderen Tiefpunkt darstelle. Jenen, die dafür verantwortlich seien, attestierte Jabloner "Niedertracht". Erneut erhielt Zadic von Mitbewerbern, diesmal aber nicht von der FPÖ, Unterstützung und Solidarität.

Studium in Wienund New York

Sie habe versucht, sich von sozialen Netzwerken fernzuhalten, sagte Zadic am Dienstag. Der Tag der Angelobung sei nicht nur für sie und ihre Eltern, sondern auch für viele Menschen mit Migrationshintergrund emotional gewesen, sagte Zadic.

Ihre berufliche Laufbahn hatte die Wienerin unter anderem beim Internationalen Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien in Den Haag als Praktikantin begonnen, nachdem sie in nur vier Jahren ihr Jus-Studium in Wien beendet hatte. Sie studierte aber parallel weiter, unter anderem an der Columbia University in New York, 2017 promovierte sie dann an der Universität Wien mit einer Doktorarbeit zur Auswirkung des Den Haager Tribunals auf die jugoslawischen Nachfolgestaaten.

Viel Reformbedarfim Justizressort

Zadic war in ihrer Studienzeit auch eine aktive Netzwerkerin, unter anderem beim Forum Alpbach, wo sie Mit-Initiatorin einer Stipendiatengruppe war, sowie bei der "Global Shapers Community", einem Netzwerk für zukünftige Führungskräfte, das vom Weltwirtschaftsforum installiert wurde. Dort lernte Zadic auch die Start-up-Unternehmerin Stephanie Cox kennen, die im Sommer 2018 den Kontakt zu Peter Pilz herstellte. So wurde aus der Anwältin recht plötzlich eine Politikerin.

Im Justizressort tritt sie nun kein leichtes Erbe an, auch wenn Vorgänger Jabloner bestrebt war, es so leicht wie möglich zu machen. Nach der Wahl hatte er einen Wahrnehmungsbericht zu notwendigen Reformen und Besserdotierungen im Justizwesen präsentiert, einige Punkte fanden auch Eingang ins Regierungsprogramm, teilweise aber mit vorsichtiger Hand hineingeschrieben. So ist etwa der von Jabloner festgestellte Mangel bei Dolmetschern und Sachverständigen angesprochen, jedoch nur in Form einer "Evaluierung und Überarbeitung der Gebührenordnungen". Ein klares Bekenntnis zu einem attraktiveren Tarifsystem, um die Lücke bei Dolmetschern und Sachverständigen zu schließen, klingt anders. Nun liegt es an Zadic, die Schlagzeilen im Regierungsprogramm mit konkreten Maßnahmen zu füllen.