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Die Stolpersteine zur 1-2-3-Karte

Politik

Türkis-Grün will das Prestigeprojekt rasch umsetzen. Doch dabei sind noch einige Hürden zu überwinden.


Es zählt zu den ersten Prestigeprojekten der türkis-grünen Bundesregierung: die 1-2-3-Karte. Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) will das vergünstigte Öffi-Ticket schnell auf Schiene bringen. Eine Projektgruppe wurde bereits aufgestellt, im ersten Halbjahr soll es nun erste gemeinsame Treffen mit allen Beteiligten geben.

Künftig soll man für 365 Euro in einem und für 730 Euro in zwei Bundesländern mit allen Öffis fahren können. Die österreichweite Karte soll drei Euro pro Tag, also 1095 Euro, kosten. Zum Vergleich: Die derzeitige ÖBB-Österreichcard kostet 1964 Euro (rund 5,40 Euro pro Tag). Mit dem Vorhaben soll Autofahrern der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr schmackhaft gemacht werden.

Unsicherheit bei Pendlern

Jahresnetzkarten für die Öffis gibt es bereits in Tirol, Vorarlberg, Wien und seit Jahresbeginn auch in Salzburg. "Die dortigen Erfahrungen zeigen, dass die Zahl der Öffi-Fahrgäste stark zugenommen hat. Daher ist auch bei einer Umsetzung der 1-2-3-Karte österreichweit mit einem deutlichen Anstieg zu rechnen", sagt Christian Gratzer, Sprecher des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ).

Allerdings stehen dem Vorhaben noch einige Stolpersteine im Weg. So gibt es bezüglich des Preises noch Unsicherheiten: Für einige Menschen, die nahe Wien leben und zur Arbeit in die Stadt pendeln, könnte das Ticket nämlich Verteuerungen bringen. Derzeit zahlen Pendler, die zwischen Wien und den angrenzenden Gemeinden pendeln, jährlich 620 Euro für die Jahreskarte. Sie müssten künftig 730 Euro, also 110 Euro mehr, für das Zwei-Bundesländer-Ticket zahlen.

"Man muss hier bedenken, dass es sich um zwei Leistungspakete handelt: Das 1-2-3 Ticket ist eine Jahresnetzkarte, mit der man in den Bundesländern sämtliche Öffis auf allen Strecken verwenden kann. Die 620 Euro zahlt man hingegen für eine Karte, mit der man nur eine bestimmte Strecke fahren kann", sagt Gratzer.

Der Verkehrsexperte kann sich allerdings vorstellen, dass man künftig einfach zwischen den zwei verschiedenen Tickets wählen kann: "Warum sollte man den Menschen nicht diese Wahlfreiheit lassen?"

Ein Knackpunkt beim 1-2-3-Ticket ist zudem die Finanzierung. Durch die günstigeren Ticketpreise würden den Verkehrsbetrieben entscheidende Einnahmen wegbrechen. Die ÖBB etwa würden durch die neue und billigere österreichweite Karte knapp 900 Euro pro Kunde verlieren.

Ohne finanzielle Kompensationen werden die Einschnitte für die Unternehmen nur schwer zu bewältigen sein. Die Einführung des Tickets wird damit wohl mit einem finanziellen Kraftakt des Bundes verbunden sein müssen. Denn Türkis-Grün plant ohnehin bereits, zwei Milliarden Euro in die Nah- und Regionalverkehrsförderung zu stecken. Damit soll ein Stundentakt von öffentlichen Verkehrsmitteln in Ballungsräumen und Kleinstädten an sieben Tagen die Woche gewährleistet werden.

Knackpunkt Parkgebühren

Gratzer mahnt, sich aber nicht nur auf den Preis zu fokussieren. Zwar sei dieser entscheidend, um Menschen zum Umstieg auf die Öffis zu bewegen: "Aber neben der Fahrzeit und dem Angebot ist auch beim Autofahren selbst anzusetzen." Wichtig sei vor allem die Parkraumbewirtschaftung: "Diese hat in Wien zu einem positiven Effekt bei der Pendlermobilität zwischen St. Pölten und der Bundeshauptstadt geführt. Viele sind auf die Bahn umgestiegen." Auch bei der begünstigten Besteuerung von Firmenwagen gebe es noch Nachholbedarf.

Am Zug sind nun Politik, Verkehrsverbünde und Unternehmen. "Auf Bundesebene werden die Gespräche aufgrund der vielen Akteure natürlich schwierig", sagt Gratzer. Allerdings habe man auch in Tirol zwischen den Innsbrucker Verkehrsbetrieben über die ÖBB bis hin zum Verkehrsbund Tirol eine Einigung erzielen können: "Es geht also auf der Bundesländerebene. Und mit etwas gutem Willen wird man es auch auf der österreichweiten Ebene schaffen."(dab)