Zum Hauptinhalt springen

Andrang auf Hacklerfrühpension ist stärker als erwartet

Von Karl Ettinger

Politik

800 Betroffene haben ihren Pensionsantritt wegen günstigerer Regelung auf heuer verschoben.


Rekordarbeitslosigkeit und 1,2 Millionen Menschen, die wegen der Folgen der Corona-Krise in Kurzarbeit sind, haben alles überschattet. Sonst würde die Entwicklung bei den Pensionszugängen für wesentlich mehr Diskussionsstoff sorgen. Die vor der Nationalratswahl beschlossene Erleichterung bei den Frühpensionen hat in den ersten Monaten zu einem verstärkten Andrang geführt. Von fast 8000 neuzuerkannten Pensionen erfolgte knapp die Hälfte im ersten Quartal dieses Jahres abschlagsfrei.

Bei rund der Hälfte der Pensionsneuzugänge wurde demnach die günstigere Frühpension ohne Abschläge in Form der sogenannten Hacklerregelung in Anspruch genommen. Der Weg dazu wurde knapp vor der Nationalratswahl 2019 im freien Spiel der Kräfte im Parlament vor allem auf Druck der SPÖ und der Gewerkschaft geebnet. Wer 45 Jahre gearbeitet hat und damit 45 Beitragsjahre aufweist, kann nach der Erleichterung seit Beginn des heurigen Jahres mit 62 ohne Pensionskürzungen vorzeitig in den Ruhestand gehen, wie das bis 2014 bereits möglich war. Nach den Zahlen der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die der "Wiener Zeitung" vorliegen, erfolgten bis Ende März dieses Jahres von 7981 Pensionen 3943 Neuzugänge in die vorzeitige Alterspension ohne Abschläge, der Großteil davon, nämlich 3707 mittels Hacklerregelung.

Der Zulauf zur Hacklerfrühpension ist damit stärker, als erwartet wurde. Denn insgesamt wurden vor Beschluss der günstigeren Sonderregelung für das gesamte Jahr 2020 rund 7000 neue Hacklerpensionen erwartet. Nun wurde bereits im ersten Quartal mehr als die Hälfte dieses Wertes erreicht. Für die 7000 zusätzlichen Hacklerpensionisten wurde für 2020 mit 50 Millionen Euro an Zusatzkosten gerechnet. Diese steigen allerdings in den kommenden Jahren deutlich, weil immer neue Hacklerfrühpensionisten dazukommen.

Insgesamt 764 Personen, die im ersten Quartal dieses Jahres in Pension gegangen sind, haben den Antritt ihres Ruhestandes vom vergangenen Jahr auf heuer verschoben, um die Möglichkeit der abschlagsfreien Frühpension in Anspruch nehmen zu können. Andernfalls hätten sie Pensionskürzungen bis zu 15 Prozent dauerhaft bis zu ihrem Tod in Kauf nehmen müssen. Die fast 800 Betroffenen hätten bereits mit Ende des vergangenen Jahres die Anspruchsvoraussetzungen für eine Frühpension erfüllt, aber eben dann mit Abschlägen. Der mit Abstand größte Teil der neuen Bezieher der Hacklerpensionen im heurigen Jahr sind Männer. Der Grund dafür ist, dass für Männer die Hacklerpension mit 62 Jahren statt dem regulären Pensionsalter von 65 Jahren attraktiv ist, für Frauen ist derzeit noch bis 2024 das gesetzliche Pensionsalter von 60 Jahren ohnehin nach wie vor günstiger.

Vorerst keine Verschärfung

An der günstigeren Neuregelung der abschlagsfreien Frühpension mit 62 Jahren wird sich in absehbarer Zeit trotz massiver Kritik von Pensionsexperten nichts ändern. So hat sich der seit November des Vorjahres im Amt befindliche Vorsitzende der Alterssicherungskommission der Bundesregierung, Ex-Sozialminister Walter Pöltner, in der "Wiener Zeitung" bereits im Jänner für ein rasches Ende der abschlagsfreien Frühpension ausgesprochen. Eine für Ende März vorgesehene Sitzung der Pensionskommission ist dann allerdings wegen der Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Erkrankungen ab Mitte März nicht mehr zustande gekommen. Damit wird nun aller Voraussicht nach ein neues Gutachten der Kommission im Herbst dieses Jahres abgewartet.

Bundeskanzler ÖVP-Obmann Sebastian Kurz hat sich für Änderungen ausgesprochen, Sozialminister Rudolf Anschober hat hingegen nach seinem Amtsantritt im Jänner dieses Jahres auf Abwarten gesetzt. Das Platzen des für Ende März geplanten Termins der Pensionskommission hat ihm dabei in die Hände gespielt. Derzeit liegt vor allem im Sozial- und Gesundheitsministerium die Arbeit mit Ausnahme der Bekämpfung der Corona-Auswirkungen, die die Mitarbeiter bis aufs Äußerste fordert, praktisch auf Eis. Daran wird sich bis zum Sommer nichts ändern.

Inzwischen haben die Folgen der Corona-Krise auf dem Arbeitsmarkt die Situation vor allem auch für ältere Beschäftigte verändert. Mit 572.000 Arbeitslosen wurde Ende April ein Rekordwert verzeichnet, Mitte April waren es sogar 588.000.

Regelung für ältere Arbeitslose?

Das spricht laut Experten nun dagegen, den Zugang in den Ruhestand wieder zu verschärfen, wie das die SPÖ-ÖVP-Bundesregierung mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ab Anfang 2014 getan hat. Damals wurde durch ein abruptes Anheben des Zugangsalters zur Hacklerfrühpension von 60 auf 62 Jahre der Ansturm auf diese Form des vorzeitigen Ruhestandes stark gebremst. Mittlerweile wird hingegen überlegt, ob es nicht im Gefolge der Kurzarbeitsregelung spezielle Sonderregelungen geben könnte, wenn ältere Beschäftigte keine Anstellung mehr finden.

Bei den Beamten im Bundesdienst ist die Situation heuer anders. Bei diesen wurde die abschlagsfreie Hacklerpension mit 62 Jahren nicht eingeführt, entsprechende Gesetzesanträge der SPÖ haben im Hohen Haus keine Mehrheit gefunden. Bei den Beamten gilt die Regelung der Frühpension mit Abschlägen ab 62 für Frauen und Männer.