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Corona-Ampel wird umgangen

Von Karl Ettinger

Politik

Nach dem Umschalten auf Orange steigt die Verwirrung um Maßnahmen. Niederösterreich fordert Klarheit vom Bund.


Die eigens eingerichtete Homepage zur Corona-Ampel des Gesundheitsministeriums war für interessierte Österreicher lange auch keine Hilfe. Knapp vor 12 Uhr wurde dort bei den Ampelfarben lediglich bei Grün auf die bereits seit Montag null Uhr geltende Ausweitung des Mund-Nasen-Schutzes auf ganz Österreich und auf die Corona-Regeln für Veranstaltungen verwiesen. Bei Gelb auf Informationen des Bildungsministeriums. Und sonst bei Gelb und Orange? Fehlanzeige.

Dabei war seit Montagabend bekannt, dass die Experten der Corona-Kommission inzwischen bei den Ampelfarben für einen Großteil der Regionen auf ein höheres Risikoniveau geschaltet haben: Ganz Wien, die Bezirke Mödling und Neunkirchen, aber auch Innsbruck sowie die Bezirke Kufstein, Dornbirn und Bludenz wurden auf Orange gesetzt. Zwölf Stunden später war nicht einmal klar, ob nun die neuen Ampelfarben und die damit verbundenen Maßnahmen offiziell gelten. Auch die Nachfrage im Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), was gilt, blieb bis gegen 13 Uhr unbeantwortet.

All das war aber bezeichnend. Nur eine gute Woche nach der erstmaligen Freischaltung der über Wochen von der Bundesregierung und Minister Anschober propagierten Ampel sorgte diese nicht nur bei der Bevölkerung für Verwirrung, sondern selbst bei zuständigen Gesundheitsverantwortlichen.

Kein Heimunterricht trotz Umschaltung auf Orange

Zuerst schaffte Bildungsminister Heinz Faßmann zumindest für die Schulen Klarheit. Dies allerdings, lange nachdem Eltern ihre Kinder in Wien in Schulen geschickt hatten. Mütter und Väter von Oberstufenschülern rätselten daher am Morgen, ob nun bereits auf Heimunterricht umgestellt wird. Denn nach dem ursprünglichen Ampelsystem war der Umstieg auf Schule daheim zumindest für Schüler in der Oberstufe in Regionen wie Wien mit oranger Ampelfarbe vorgesehen.

Am Vormittag stellte das Bildungsministerium offiziell fest, es werde vorerst keinen Heimunterricht für Oberstufenschüler geben. Damit wurde freilich das vorgesehene Ampelsystem einmal mehr über den Haufen geworfen.

Faßmann sagte bei einem Presseauftritt zu Mittag, Schulen und Unis würden auf Gelb bleiben - trotz der Umschaltung in sieben Gebieten auf Orange. Hauptgrund dafür sei, dass es bisher keine Corona-Cluster bei Schulen gebe. Zugleich kritisierte der Minister - offenbar vor allem auf Wien gemünzt - das lange Warten auf Testergebnisse nach Verdachtsfällen in Schulen. Das hatten in der "Wiener Zeitung" schon am Samstag Vertreter von Wiener Schulen heftig beklagt, seither wurde in den Schulen keine Verbesserung festgestellt. Er verwies auf vorhandene Testkapazitäten am Biocenter in Wien-Landstraße.

Zu Mittag meldete sich schließlich auch die Regierung in einer gemeinsamen Aussendung von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Anschober zu Wort. Darin war nach dem Umschalten auf die Corona-Ampelfarbe Orange in mehreren Regionen von einem "Weckruf" für alle Österreicher, sich an die Schutzmaßnahmen zu halten, die Rede. Weitere Verschärfungen neben der seit Montag bundesweit geltenden Maskenpflicht in allen Geschäften und für Mitarbeiter in Gastronomiebetrieben unabhängig von der Ampelfarbe gab es zunächst nicht. Mit Bürgermeistern und Bezirkshauptleuten aus den von Orange betroffenen Regionen soll aber heute, Mittwoch im Bundeskanzleramt das weitere Vorgehen beraten werden. Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte an die Österreicher, die Corona-Maßnahmen einzuhalten, um einen erneuten Lockdown wie im Frühjahr zu verhindern.

Bundeskanzler Kurz betonte am Rande eines Auftritts beim Bundesheer, es gebe keinen Automatismus bei Maßnahmen aufgrund der Ampelfarbe: "Das eine sind Ampelschaltungen, das andere sind Entscheidungen der Bundesregierung." Bisher hat die Corona-Ampel allerdings je nach Farbe sehr wohl ganz konkrete Corona-Maßnahmen vorgesehen. Jetzt sagte Kurz: "Ja, es kann auch regionale Verschärfungen in betroffenen Gebieten geben."

Die Vorgangsweise stößt aber in den Bundesländern auf Kritik. Aufhorchen ließ ausgerechnet das ÖVP-dominierte Land Niederösterreich, das bei der Corona-Ampel "große Unklarheiten" bemängelte. Vizelandeshauptmann Stephan Pernkopf (ÖVP) hat daher vom Bund "mehr Klarheit und eine Klarstellung im Lauf des morgigen Tages" gefordert. Es geht dabei auch um Schutzmaßnahmen und Besuche in Pflegeheimen.

Vorarlberg geht Sonderweg mit regionalen Unterschieden

Vorarlberg geht einen eigenen Weg. Dort sind der Bezirk Dornbirn und Teile des Bezirks Bludenz orange gefärbt. Aber im Bezirk Bregenz waren nicht alle Teile gelb, Lech am Arlberg im Bezirk Bludenz blieb grün. Das Datenmaterial erlaube regionale Einschätzungen, so ÖVP-Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher.

Ihr Vorarlberger Landsmann, der Neos Parlamentarier Gerald Loacker, kam jedenfalls zum Schluss: "Es kennt sich keiner mehr aus."